TANZ IM VIERECK
Die Ausstellung Tanz im Viereck stellt eine sorgfältig kuratierte Zusammenstellung von Videoarbeiten vor, die den Tanz als ein bewusst subversives Mittel des Ausdrucks erkunden—eine künstlerische Form, die sich mutig über gesellschaftliche Konventionen hinwegsetzt. Im Zentrum dieser Präsentation steht die Untersuchung jener disruptiven Kraft, die aus der Synthese von Video als unmittelbarem Medium und der intensiven Körperlichkeit des Tanzes erwächst.
Die Ausstellung beleuchtet die außergewöhnliche Fähigkeit des Videos, subkulturelle Strömungen präzise und eindringlich einzufangen. So zeigt Mark Leckey in seinem nostalgischen Porträt die britische Clubkultur, während Alexander Herzog die Berliner Techno-Szene in ihrer Glanzzeit dokumentiert. Dieser thematische Bogen wird durch Musikvideos wie Tanz im Viereck von Die Tödliche Doris und Parade von Roman Flügel und Michel Klöfkorn weitergesponnen, die die avantgardistische Verschmelzung von Bild und Musik exemplarisch vorführen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Clubkultur und den performativen Möglichkeiten des Tanzes findet sich in der Arbeit von (LA)Horde, die auf beeindruckende Weise YouTube-Ästhetik mit eleganten Kamerabewegungen kombiniert, um Jumpstyle als kollektives Erlebnis zu inszenieren. In einem ähnlichen Geiste führt uns Clément Cogitore mit der Kamera tief in die dynamischen Bewegungen des Tanzes ein, um ihn als Ausdruck des Widerstands und als Vehikel subversiver Energien zu erfassen. Tracy Emins autobiografische Dokumentation hingegen bietet eine intime Reflexion über den Tanz als Medium der persönlichen Befreiung. In einem ähnlich introspektiven Kontext filmt sich Peter Land tanzend in Unterwäsche und hinterfragt dabei traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit sowie die Normen der Gesellschaft—selbst innerhalb der geschützten Sphäre des Privaten. Mary Bom Kahamas Werk erforscht die beiden Pole der transzendentalen Erfahrung, die sich durch den körperlichen Rhythmus ausdrücken—zum einen die rituelle Ekstase, zum anderen die isolierte, von sozialen Normen losgelöste Performance. Ob der Tänzer in Kahamas Video seine Rolle bewusst wählt oder sich in einem tranceartigen Zustand befindet, bleibt offen—doch Gillian Wearing tritt mit vergleichbarer Intensität in diese Rolle, durchbricht gesellschaftliche Konventionen und ermöglicht eine radikale Selbstentfaltung inmitten eines überfüllten Einkaufszentrums.
Die Ausstellung versammelt künstlerische Positionen, die auf unterschiedliche Weise gesellschaftliche Zwänge aufbrechen—sei es durch subkulturelle Resonanzen, den Schritt in den öffentlichen Raum, die direkte Konfrontation mit politischen Realitäten, das Erforschen der widerständigen Avantgarde, das Eintauchen in persönliche Erfahrungen von Scham oder die Auseinandersetzung mit transzendentalen Erlebnissen und deren verschiedenen Graden der Entfremdung. Gemeinsam entfalten sie eine suggestive Kraft, die den Betrachter einlädt, den Tanz in seiner tiefen transformativen Wirkung zu erleben.