Wie steht es um unsere Wälder?
Vier von fünf Bäume sind krank
BAYER. UNTERMAIN (mg). Nur jeder fünfter Baum in Deutschland ist gesund. Diesen erschreckenden Fakt hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir Anfang der Woche mitgeteilt. Doch wie sieht es bei uns in der Region aus? Sind unsere Bäume gesund? Was sind die größten Gefahren für unsere Wälder? PrimaSonntag hat bei den Experten nachgefragt…
„Am Untermain, der wärmsten Region Bayerns, stehen die Wälder unter besonders hohem Stress durch Hitze und Trockenheit“, heißt es aus dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt. Lukas Nitzl und Sebastian Spatz sind dort für die Kreise Aschaffenburg und Miltenberg zuständig. Das regenreiche Frühjahr komme den Bäumen in unserer Region zwar zu Gute, aber die Natur hält weitere Gefahren bereit: Ein Spätfrostereignis vor drei Wochen hat größere Schäden an Walnuss, Robinie und Eiche hinterlassen. Die ansteigende Population von Insekten, wie der Kiefernbuschhornblattwespe oder dem Waldmaikäfer setzen den Bäumen ziemlich zu. „Dem ein oder anderen sind die zahlreichen adulten Käfer in letzter Zeit aufgefallen. Im Wald verursachen hauptsächlich die Engerlinge Fraßschäden an den Wurzeln junger Bäumchen.“ In Zukunft sei aufgrund des Klimawandels mit einem Anstieg der genannten Schäden zu rechnen. „Ich glaube, auch in unserer Region sieht man leider sehr gut, wie stark der Klimawandel unseren Wäldern zusetzt“, stimmt der Aschaffenburger Bundestagsabgeordnete Niklas Wagener zu. Auf überregionaler Ebene will der 26-Jährige dafür etwas tun: „Wir arbeiten gerade an einem neuen Bundeswaldgesetz, um das alte aus den 70er Jahren auf den Stand der Zeit zu anzupassen - um den Förstern und Waldbesitzern auch das Handwerkszeug zu geben, damit sie den Waldumbau hin zu klimastabilen Laubmischwäldern vorabringen können.“
Trockenheit setzt dem Spessart zu
Sowohl
bundesweit als auch regional stellt der Klimawandel die größte Gefahr
für unsere Wälder dar. Der Spessart ist mit seinen ausgedehnten
Laubwäldern zwar im Vergleich ganz gut aufgestellt - die Trockenheit
setzt den Bäumen aber doch ganz schön zu. „In dem Revier Johannesberg,
welches sich in der Untermainebene von Stockstadt bis Kahl erstreckt,
sind derzeit die größten Schäden zu beobachten“, so das Forstamt. Die
Gründe seien die hohen Jahresdurchschnittstemperaturen in Kombination
mit den geringen durchschnittlichen Jahresniederschlägen. Dazu kommen
noch die sandigen Böden, die vermehrt in der Region vorkommen, die
Regenwasser schlecht speichern können und ohne regelmäßige Niederschläge
schnell austrocknen. „In den höher gelegenen Revieren im Kahlgrund und
Spessart ist die Situation noch deutlich besser, wenn auch hier bereits
vermehrt Trockenschäden zu beobachten sind.“ Die langanhaltenden
Trockenperioden bringen auch einen Begleiter mit sich, der insbesondere
in den letzten beiden Sommern unsere Feuerwehren ziemlich auf Trab
gehalten hat…
Der nächste Waldbrand-Sommer?
„Aktuell ist die Waldbrandgefahr nicht so hoch. Wir kommen aus einem
nassen Winter heraus. Die Ausgangslage ist eigentlich gut“, erklärt der
Miltenberger Kreisbrandrat Martin Spilger. „Aber jeder Monat diesen
Jahres war bisher wärmer als der Monatsdurchschnitt! Wenn es so
weitergeht, haben wir relativ schnell wieder die Gefahr von Wald- und
Vegetationsbränden.“ In den letzten beiden Jahren war der Sommer in der
Region geprägt von Waldbränden - die Feuerwehren waren oft stundenlang
im Einsatz. „2022 hatten wir 284 Wald- und Vegetationsbrandereignisse
nur im Landkreis Miltenberg.“ In 45 davon war es einer Feuerwehr nicht
mehr möglich, den Brand alleine zu löschen. „Wenn die Lage größer wird,
unterstützen sich die Feuerwehren“, erklärt der Aschaffenburger
Kreisbrandrat Frank Wissel. „Wir haben bei uns im Landkreis drei
sogenannte Wasserförderzüge. Damit kann man Wasser an entfernter
gelegene Stellen transportieren“. Außerdem verfüge man über Löschzüge,
die große Mengen an Wasser transportieren können. „Wir haben auch einen
eigenen ‚Waldbrandzug‘. Das sind Kräfte die eine spezielle Ausrüstung
und Schulung haben extra für die Brandbekämpfung im Wald.“ Im Kreis
Miltenberg werden ähnliche Vorbereitungen getroffen - und das nicht nur
bei der Feuerwehr. „Ich weiß, dass es Gemeinden gibt, die ihre Landwirte
anweisen, ihre Wasserfässer bei Waldbränden zur Verfügung zu stellen“,
erzählt Spilger. In den letzten Jahren wurde viel Zeit und Geld in
unsere Feuerwehren investiert. Durch den Klimawandel ist das auch nötig.
Denn nicht nur die Gesundheit unserer Bäume wird aufs Spiel gesetzt,
sondern auch die Sicherheit unserer Wälder und deren Bewohner. „Wir
müssen den Klimawandel auf ein Maß einbremsen, dass es für unsere Wälder
überhaupt noch möglich ist standzuhalten“, sagt Wagener abschließend.