Was ist Bio noch wert?
BAYER. UNTERMAIN (jg/ps). Das Geschäft mit Bio-Produkten boomt, auch im PrimaSonntag-Land. Zwar ist die Zahl entsprechender Höfe deutschlandweit zuletzt leicht rückläufig, in Bayern aber nicht - dort sind 2023 70 Bio-Höfe hinzugekommen. Am bayerischen Untermain gibt es aktuell fast 200 solcher ökologisch bewirtschafteter Betriebe. Bessere Haltungsbedingungen für Tiere, mehr Umweltschutz und keine Chemie-Dünger - es gibt viele Gründe, weshalb man zum Öko-Produkt greifen möchte. Aber ist Bio wirklich so viel besser? PrimaSonntag hat mit zwei regionalen Landwirten gesprochen.
Im bundesweiten Vergleich der absoluten Zahlen ist Bayern Spitzenreiter: Rund 30% aller deutschen Bio-Betriebe wirtschaften im Freistaat und etwa 22% der ökologisch bewirtschafteten Flächen liegen im größten Bundesland. Hier am bayerischen Untermain gibt es verschiedenste Bio-Höfe, die zum Beispiel Mehl, Eier, Kartoffeln und Fleisch nach ökologischen Richtlinien produzieren. Im Kreis Miltenberg gibt es 75 Bio-Höfe, im Kreis Aschaffenburg circa 100. Laut dem bayerischen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten liegt der Aschaffenburger Landkreis damit im bayernweiten Vergleich ziemlich weit vorne. Bio, das bedeutet landläufig mehr Platz für die Tiere, weniger Chemie und meist auch regionale und faire Produktion – aber worin genau unterscheidet sich ein ökologisch produzierender Bauernhof von einem konventionellen? Sind die Unterschiede wirklich so gravierend? Und wie erhält man das heißbegehrte Bio-Siegel?
„Ein zweischneidiges Schwert“
Hobbylandwirt Adolf Hock aus Haibach betreibt seit 30 Jahren seinen konventionellen Bauernhof in Aschaffenburg. Doch die Entscheidung, seinen Betrieb konventionell zu führen, war anfangs nicht in Stein gemeißelt. „Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, Bio zu sein“, erzählte er uns im Interview, „doch durch die ganzen Auflagen, ist die Entscheidung dann doch irgendwann von alleine gefallen.“ Denn als Bio-Bauer müsste Hock auf einige Sachen achten. „Allein die Kühe zu bewirten wäre eine riesige Aufgabe. Vom Futter bis zu den Arbeitsflächen - das kann kaum jemand heutzutage mehr schaffen!“ In der Vergangenheit hat der Bauer auch das Fleisch seiner Tiere zum Verkauf angeboten - mittlerweile müsse man dafür eine gesamte Metzgerei auf dem eigenen Hof haben. „Allein das Fleisch gesetzesgerecht zu verpacken war ein viel zu großer Akt. Wenn man dann noch die Geräte für die Verarbeitung mit einberechnet, treibt das einen förmlich in den Ruin.“ Denn auch als konventioneller Bauer hat Adolf Hock genügend Auflagen, die er erfüllen muss. „Beispielsweise müssen wir, um unsere Milch zu vermarkten, extra mit einer Molkerei in Coburg arbeiten. Der Aufwand, der dadurch entsteht, ist schon hoch genug.“ Trotzdem sieht er auch die Vorteile daran, einen Bio-Betrieb zu führen. „Das ist ein zweischneidiges Schwert - wenn man Bio-Produkte anbietet, macht man zwar mehr Gewinn, muss aber auch einen höheren Aufwand betreiben. Am Ende hab ich mich aber dagegen entschieden. Das lohnt sich nicht für mich!“
Bio aus Überzeugung
Damals war die Entscheidung für Siegbert Schreiter aus Laufach eindeutig - er wollte seinen Bauernhof ökologisch führen. „Ich würde es jeder Zeit wieder so tun, auch wenn die Auflagen ein großes Hindernis darstellen.“ Seit 1991 betreibt er auf über 80 Hektar seinen Hof in Laufach. Dabei hat er sich auf Mutterkuhhaltung und Legehennen-Haltung mit Direktvermarktung spezialisiert. Mittlerweile gibt es für den Bio-Bauern aber einige Hindernisse, die es anfangs noch nicht gab. „Das größte Problem allgemein in der Landwirtschaft ist die Dokumentationspflicht. Spezifisch als Bio-Betrieb hat man es dann aber noch schwieriger. Mindestens einmal im Jahr gibt es eine Kontrolle, wo wirklich alles überprüft wird. Da wird dann auch gecheckt, ob sowas wie Wachstumshormone oder unerlaubte Dünger verwendet werden. Dann werden zweimal die Woche Satellitenfotos vom Acker gemacht, ob dort auch wirklich wächst, was man angibt.“ Die Auflagen machen es dem Bio-Bauern zwar schwerer, aber den Beruf übt er aus Überzeugung und eigenem Interesse aus. „Das muss jeder für sich selbst entscheiden…im Endeffekt gibt es heutzutage wenige Unterschiede zwischen Bio und konventioneller Landwirtschaft - auch die Produkte sind qualitativ nicht so unterschiedlich. Ich persönlich hab mich für die Bio-Landwirtschaft aus eigener Überzeugung entschieden. Mir macht das Freude, wenn es den Tieren gut geht! Da bin ich zufriedener.“
Hobby-Landwirt Adolf Hock aus Haibach setzt auf konventionelle Landwirtschaft.
Siegbert Schreiter vom Biolandhof Schreiter würde immer wieder auf Bio setzen - trotz der vielen Auflagen. (Bildquelle: Daniel Delang Öko-Modellregionen)
Das sagen unsere Leser:
Hannelore Majik aus Aschaffenburg: „Also für mich muss es nicht immer Bio sein. Ich achte aber zum Beispiel bei meinen Klamotten darauf - wenn’s um Lebensmittel geht, dann hole ich mir auch mal gerne einen Bio-Joghurt! Je nachdem wie ich mich fühle.“
Ivonne Stracke aus Mespelbrunn: „Ich kaufe nur normales. Wenn ich Bio kaufe, dann ganz selten. Das ist mir einfach zu teuer…auch wenn ich Bio eigentlich gut finde.“
Ahmad Hentaia aus Aschaffenburg: „Ich kaufe Lebensmittel normal, weil Bio viel zu teuer ist. Die normalen Produkte wurden in den letzten Jahren zwar auch teurer, aber Bio ist nochmal doppelt so viel!“
Anna Milkolb aus Schweinheim: „Ich greife meistens zu den normalen Produkten. Aber wenn ich einkaufe, achte ich darauf, dass ich meist Markenprodukte nehme.“
Jürgen Kuhn aus Aschaffenburg: „Bei mir kommt es darauf an…meine Schwester arbeitet in einem Bioladen. Da hol ich mir immer sowohl Bio-Sachen, als auch normale.“
Ingrid Schwinger aus Sailauf: „Ich achte schon auf Bio. Aber ich habe auch schon einige Berichte gelesen, wo man sich am Ende etwas veräppelt vorkommt. Ich habe aber das Gefühl, dass viele bei Lebensmitteln geizig werden. Ich kaufe mir lieber gute Sachen und verzichte auf Unnötiges.“
Meliha Neiva aus Mainhausen: „Meistens hole ich Bio. Ich habe ein kleines Kind zuhause und möchte, dass es sich gesund ernährt. Man hört ja ständig, dass Bio gesünder sein soll. Vor allem bei Obst und Gemüse, aber auch bei Hackfleisch achte ich darauf, wenn wir es nicht direkt beim Metzger holen.“