Was fehlt, ist die Wertschätzung

BAYER. UNTERMAIN (ld). Das Leben als Landwirt könnte so schön und idyllisch sein. Zudem übt er einen der wichtigsten Berufe überhaupt aus, er ernährt uns alle. Doch die Lage der kleinen Höfe sieht seit Jahren nicht mehr rosig aus. Bauern arbeiten häufig nur noch im Nebenerwerb und sind im europäischen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Auflagen, Bürokratie und erhöhte Preise für Diesel und Energie machen vor allem kleineren Höfen hier in der Region das Leben schwer.
In der Nähe von Miltenberg befindet sich der Biohof Eck, der seit 1668 in der Hand der Familie ist. 1989 wurde der Hof mit Schafen, Pensionspferden, Schweinen und Ackerbau zum Biobetrieb. Die Entscheidung für die Umstellung auf Bio fiel aus energetischen Gründen und aus Überzeugung: „Ich will meine Tiere anständig halten und nicht in beengten Boxen“, sagt Martin Eck. Den Einsatz von Antibiotika und Fungiziden sieht er kritisch, ebenso wie die Subventionen nach Fläche: „Neunzig Prozent der Subventionen gehen an zehn Prozent der Betriebe. Wir sind für die Großbetriebe überhaupt keine Konkurrenz. Da sind wir einfach zu klein.“ Daher lohnt sich auch nur eine Schlachtung in einer Metzgerei in der Nähe für den Hof. Das Fleisch wird dann über die Homepage und über Stammkunden vermarktet. Gäbe es den regionalen Metzger nicht mehr, könnte Martin Eck den Hof nicht mehr weiter betreiben. Schon jetzt ist die Fahrt zum Schlachter kompliziert, da vorher alles online angemeldet werden muss. Trotzdem hofft er, dass er den Hof eines Tages weitergeben kann. Zum Beruf sagt er: „Ich habe eine sinnvolle Beschäftigung. Finanziell gäbe es lukrativere Sachen.“
Nur noch ein Hobby?
Jutta Herzog betreibt mit ihrer Familie den Auhof in Stockstadt, den die Großeltern 1969 gegründet haben. Zum Hof gehören Pensionspferde, Dammwild und Ackerbau. Angebaut werden verschiedene Getreidearten wie Dinkel, Weizen und Roggen, allerdings im Wechsel mit Kleegras, weil man in der ökologischen Landwirtschaft zwischen Grünland und Getreideanbau wechselt. Außerdem gibt es einen kleinen Hofladen, der lokal sehr gut ankommt und etwa 20 Prozent der Einnahmen ausmacht. „Das ist das Schöne an dem Job, dass man etwas für die Natur und die Menschen machen kann, gute Nahrungsmittel herstellen kann und deswegen ist man ja Landwirt geworden“, sagt Jutta Herzog. Allerdings musste der Auhof in den letzten Jahren den Verlust einiger Flächen hinnehmen und befindet sich derzeit an einem kritischen Punkt. Sollten mehr Flächen zum Beispiel durch Photovoltaikanlagen verloren gehen, müsste der Hof wahrscheinlich hobbymäßig weiterbetrieben werden. Zudem gibt es durch die Grenzlage zu Hessen häufig bürokratische Hürden. Lohnt es sich noch, Landwirt zu werden? Jutta Herzog meint: „Es lohnt sich auf jeden Fall für einen persönlich, für die Familie und für die Gesellschaft.“
Keine Planungssicherheit
Probleme mit zu viel Bürokratie und mangelnder Planungssicherheit kennt auch Siegbert Schreiter vom gleichnamigen Biolandhof in Laufach. Der Hof der Schreiters wurde 1949 gegründet und ist seit 1990 ein Biobetrieb aus Überzeugung. Auf dem Hof leben Kühe, Hennen und ein paar Ziegen. Außerdem wird das Futter für die Tiere zum Großteil selbst angebaut. Die Eier werden über den Hofladen und Naturkosthandel angeboten, das Fleisch geht an eine Metzgerei in Schimborn. Für den Hof war früher vieles einfacher. Es gab weniger Bürokratie. Heute wird jeder Quadratmeter genau überwacht und Siegbert Schreiter stellt fest, dass zwanzig bis dreißig Prozent der Arbeit inzwischen für die Dokumentation und Buchhaltung des Hofs aufgewendet werden muss. Ein weiteres Problem ist, dass sich Vorgaben zu schnell ändern: „Man kann als Landwirt fast gar nicht mehr so schnell reagieren, egal ob das Stallumbaumaßnahmen sind, neue Tierwohllabels. Das ändert sich mittlerweile schon innerhalb von einem Jahr“, erzählt Schreiter. Dadurch ist eine vorausschauende Planung, die in diesem Beruf eigentlich notwendig ist, nicht möglich. Die Zukunft für den Biolandhof Schreiter ist nicht gesichert: „In zehn Jahren wird bei uns im Spessart die Viehhaltung noch drastischer reduziert sein. Die Probleme werden immer größer und dann wird sich das keiner mehr antun.“
Ein 24/7 Job
Auf dem Limousinhof in Mespelbrunn arbeiten drei Generationen zusammen. Der Hof wurde in den 1990ern erbaut und 2010 um eine Gaststätte erweitert. Limousin-Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Schweine, Hühner und Enten leben dort. Das Fleisch und die Eier werden im Hofladen, per Gaststätte oder Vorbestellung vermarktet. Ein weiterer Bereich ist der Erlebnisbauernhof. Sonja Fäth bietet für Kindergärten und Schulklassen Führungen an. Die Kinder können dadurch zum Beispiel lernen, wie man Butter herstellt. Finanziell profitiert der Hof zwar nicht davon, aber die Führungen bringen ein Stück mehr Wertschätzung für den Beruf mit. Etwas, dass sich viele Höfe wünschen würden. Carola Fäth sagt: „Vielen müsste es auch bewusst sein, dass die Familienbetriebe sieben Tage in der Woche arbeiten. Da gibt es keinen freien Tag. Das Tier muss sieben Tage die Woche versorgt werden.“ Sonja Fäth meint außerdem: „Wünschen würden wir uns von der Politik, dass auf jeden Fall ein paar Sachen wieder einfacher werden für die Bauern. Dass man nicht ganz so viel Büro- und Schreibarbeit leisten müsste.“ Fest steht, dass viele Höfe gerade vor Problemen stehen und im Haupterwerb ohne Zusatzangebote nicht mehr rentabel sind. Die Betreiber bewirtschaften die kleineren Bauernhöfe nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus Leidenschaft. Wie es in den nächsten Jahren aussieht, ist derzeit noch ungewiss.