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Von Hexen, Lumpen und Giggelchen

19.02.2023, 06:00 Uhr in News
KW7 Karneval

MÖMLINGEN/NIEDERNBERG/HEIMBUCHENTHAL/ASCHAFFENBURG (mz/mg). Die fünfte Jahreszeit steuert auf ihren absoluten Höhepunkt zu - überall in der Region sind die Narren los! Gefeiert wird bis Aschermittwoch, doch es wird anders gefeiert, als es viele ältere Faschingsfreunde noch kennen. Viele liebgewonnen Traditionen und Bräuche sind inzwischen vollends verschwunden. Nichtsdestotrotz erinnern sich viele an die großen Feiern aus den 50er-, 60er- und 70er Jahren. PrimaSonntag begibt sich mit Vereinen auf eine närrische Zeitreise.

KW07 Karneval 1
Der NCV im Gründungsjahr 1958
KW07 Karneval 2
Hansworschte haben jahrelang Angst und Schrecken verbreitet
KW07 Karneval 3
Das traditionelle Schubkarrenrennen
KW07 Karneval 4
So sah das Prinzenpaarwecken vor gut 50 Jahren aus
KW07 Karneval 5
Othmar Morczinczyk, erster Vorsitzender des NCV

In Niedernberg hat´s Giggelche gelegt
Wenn Othmar Morczinczyk, der erste Vorsitzende des Niedernberger Carneval-Vereins, in Erinnerungen schwelgt, gerät er ganz schnell ins Schwärmen. „Das war damals noch was anderes. Der Straßenfasching war damals viel ausgeprägter.“ Es sind emotionale Erinnerungen, weil es Erinnerungen an die eigene Kindheit sind. „Durch Niedernberg sind früher immer die „Hansworschte“ mit einer Peitschen und Saublasen durch die Straße gezogen. Das waren maskierte Personen, die haben Angst und Schrecken verbreitet. Wir sind da immer weggerannt“, erinnert sich Morczinczyk mit einem Lächeln auf den Lippen. „Nach Mitternacht fielen die Masken und wir wussten, wer sich dahinter verbirgt.“ Einige andere Traditionen sind in der Form zwar noch erhalten - aber eben nicht an Karneval. „Früher ist man an Karneval auch oft von Haus zu Haus gezogen und hat gefragt, ob es Giggelche schon gelegt hat. Dann gab´s mal Eier, Süßigkeiten, Stückchen Kuchen oder sogar manchmal ein bisschen Geld. Wie man es jetzt von Halloween kennt.“ Doch auch diesen Brauch gibt es an Karneval kaum mehr. „So in den 90ern und frühen 2000ern hat es dann stark nachgelassen.“ Und so schön die Erinnerungen an die eigenen Faschingserlebnisse sind, desto wichtiger ist, dass auch in der Gegenwart neue Impulse gesetzt werden. „Wir haben jetzt ein neues Event“, freut sich der NCV-Vorsitzende. „Unser Prinzenpaar wird im Rathaushof empfangen. Da gibt es einen DJ, eine Kapelle, Livemusik wird gespielt und dann spricht das Prinzenpaar auch zu den Untertanen.“

KW07 Karneval 10
Karnevalsumzug in Mömlingen Quelle: MCV
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Prachtvolle Mottowagen ziehen durch Mömlingen Quelle: MCV

Hexen, Masken und Stelzen in Mömlingen
Die großen und sehenswerten Faschingsumzüge fallen Helmut Gollas, dem ersten Vorsitzenden des Mömlinger Carneval Verein, sofort ein, wenn er an die gute alte Zeit denkt. „So ein Faschingsumzug war früher ganz anders aufgebaut. Da gab es viele Masken, viele Hexen und vorne lief dann ein Mann mit Stelzen – der brachte es dann auf gute drei Meter. Jeder Verein hatte den Ehrgeiz einen schönen großen Motivwagen zu bauen“, erinnert sich Gollas. Diese waren dann meist geprägt von der Ortspolitik - so wie heute auch. „Generell muss ich sagen, dass die Karnevalstraditionen in Möglingen sehr gut erhalten sind.“ Großes Highlight dieses Jahr ist der Umzug am Dienstag. Doch so schön der Blick in die Vergangenheit ist, desto düsterer ist er in die Zukunft. „Wir bekommen immer mehr gesetzliche Auflagen, auch was den TÜV betrifft. Daraus folgen immer mehr Absagen. Wenn das so weitergeht, ist das in ein paar Jahren unser Tod.“

Der Heimbuchenthaler Lumpenball
„Damals waren wir im Umkreis die Nummer eins“, erinnert sich Reinhold Leimeister, jahrzehntelanger Vorstand des Carneval Club Heimbuchenthal. Der Lumpenball gehörte lange zur Tradition des CCH: „Die Männer haben sich um fünf, halb sechs schon angestellt, um die Plätze zu sichern - es ging ja erst um 20:11 los.“ Der Lumpenball diente als großer Abschluss der Faschingssaison am Rosenmontag. „Wir hatten eine Live-Kapelle, alle waren maskiert und das beste Kostüm wurde auch immer bewertet – die Halle war immer zum Umfallen voll!“ Doch irgendwann fand auch diese schöne Tradition ihr Ende: „In den 80er Jahren wurden dann überall die großen Hallen gebaut, dann gab`s andere Veranstaltungen und bei uns lief es nicht mehr.“ Der sonntägliche Faschingsumzug mit anschließender After-Party in großem Zelt macht heutzutage den Abschluss der Heimbuchenthaler Fastnachtssaison – am Rosenmontag geht’s dann in Nachbargemeinden.

KW07 Karneval 7
Helau Ascheberg! Impressionen aus dem Jahr 1951
KW07 Karneval 8
Gute Stimmung beim A‘burger Faschingsumzug 1954
KW07 Karneval 9
Fastnachtsumzug 1951 in Aschaffenburg
KW07 Karneval 6
Fastnachtszug 1959 durch Aschaffenburg

Närrisches Treiben in der Herstallstraße:
Schon in den 1950er Jahren wurde in der Aschaffenburger Innenstadt ausgiebig Karneval gefeiert. Bunte und aufwendig konstruierte Wagen zogen durch die Straßen und begeisterten die Massen. Doch Bildmaterial aus der damaligen Zeit ist rar gesät, da die Umzüge in den 1950er Jahren nur in unregelmäßigen Abständen stattfand, wie uns das Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchiv mitteilte. In besonders guter Erinnerung wird einigen Aschaffenburgern wohl auch der Faschingsdienstag sein. An diesem Tag wurde die damals noch vielbefahrene Herstallstraße gesperrt. Ein Tag ganz im Zeichen des Karnevals. „Man fasste sich an den Händen und zog in langen Schlangen durch die Straße, während aus Lautsprechern Faschingsmusik ertönte“, erinnert sich die Aschaffenburgerin Monika Spatz. Ein Tag, der lange in Erinnerung blieb. „Erhitzt und glücklich lief man abends nach Hause und wusste schon, dass man im nächsten Jahr unbedingt wieder dabei sein wollte.“