Schweigen schützt nicht: Das Tabu-Virus HPV
Das Virus HPV ist nur reine Frauensache?
Ganz und gar nicht!
BAYER. UNTERMAIN (de).Das Humane Papillomavirus (HPV) ist ein Thema, das in Kliniken und Praxen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Doch viele Menschen wissen gar nicht, was das Virus eigentlich ist - oder wie gefährlich es sein kann. Während Experten auf die wichtige Rolle von Vorsorge und Impfung hinweisen, bleibt das Thema in der Bevölkerung umstritten. Rund 80 Prozent der Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV.
Für die meisten bleibt die Infektion folgenlos. Doch in manchen Fällen kann das Virus zu schweren Erkrankungen wie Gebärmutterhalskrebs oder Analkrebs führen. Rund 6.250 Frauen und 1.600 Männer erkranken in Deutschland jedes Jahr an HPV-bedingtem Krebs.
Unwissen ist
ansteckend
„Haben Sie schon mal von HPV gehört?“ Auf diese Frage blickten uns bei einer Umfrage in der Region viele ratlose Gesichter an. Die meisten wussten weder, dass HPV durch Geschlechtsverkehr übertragen wird, noch dass eine Impfung davor schützen kann. Die Mehrheit denkt, dass das Virus reine Frauensache ist. Dabei sind auch Männer betroffen, wie Dr. Michael Schrauder, Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, erklärt: „Jungs können das Virus weitergeben und sich selbst infizieren. Die Impfung schützt nicht nur sie, sondern trägt auch zur Herdenimmunität bei.“ Ein weiteres Problem: Die Aufklärung über HPV in Schulen ist praktisch nicht vorhanden. Viele Eltern glauben, dass Lehrer ihre Kinder über das Virus informieren. Doch in Wirklichkeit wissen Schüler oft nichts über die Gefahren. Dadurch verpassen viele Familien den optimalen Zeitpunkt für die Impfung - zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr.
Schutz oder
Panikmache
Da die Impfung so früh empfohlen wird, sind vor allem Kinderärzte gefragt, dieses Thema anzusprechen. „Die meisten Eltern wissen nicht, dass die Impfung schon ab 9 Jahren sinnvoll ist“, erklärt Dr. Schrauder. Zwei Dosen reichen in diesem Alter aus, wenn sie im Abstand von mindestens fünf Monaten verabreicht werden. Ab 15 Jahren sind drei Dosen nötig, die noch von der Krankenkasse übernommen werden - allerdings nur bis zum 18. Geburtstag. Danach müssen Patienten die Kosten selbst vorstrecken und sich um die Erstattung kümmern. Während andere Bundesländer mit Impfquoten von über 75 Prozent glänzen, liegt Bayern mit nur 51 Prozent besonders weit hinten. Deutschlandweit sind es gerade einmal 54 Prozent der Mädchen und 27 Prozent der Jungen, die geimpft sind. „Das ist viel zu wenig“, kritisiert Dr. Schrauder. „Wir müssen dringend mehr über die Gefahren von HPV aufklären und die Menschen für die Impfung sensibilisieren.“ Auch bei der Vorsorge hapert es: Während Frauen ab 35 Jahren regelmäßig einen HPV-Test machen sollten, reicht für jüngere Frauen meist der Pap-Test aus. Beide Untersuchungen sind einfach und können gefährliche Zellveränderungen frühzeitig erkennen. „Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und die HPV-Impfung sind der beste Schutz“, betont Dr. Schrauder.
Reden ist Gold,
Schweigen macht krank
HPV betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Doch solange das Thema in der Öffentlichkeit kaum Beachtung findet und Schulen nicht aufklären, bleiben viele Menschen uninformiert. Die Botschaft ist klar: Schützen Sie sich und Ihre Kinder - denn HPV mag unsichtbar sein, aber die Folgen fatal.
Foto: Klinikum AB-ALZ