Arbeiten bis der Arzt kommt
BAYER. UNTERMAIN (ps). Rund 150.000 Menschen arbeiten am Bayerischen Untermain, etwa 4.500 davon unter freiem Himmel. Frische Luft tut gut und Sonnenschein hebt die Laune, aber: Was viele im Arbeitsalltag vergessen, sind die Gefahren, die so ein heißer Sommertag mit sich bringt. Die Sonne knallt vom Himmel und bei 37 Grad im Schatten wird geschwitzt, was das Zeug hält. Welche gesundheitlichen Schäden drohen können und wie sich unsere Landschaftsgärtner, Postboten, Bauarbeiter und Co. schützen, hat PrimaSonntag herausgefunden.
Wenn es brütend heiß wird, der Asphalt glüht und man beim Einsteigen ins Auto das Gefühl hat, sich in der Sauna zu befinden, dann ist klar: Es ist Sommer. Und dass die Temperaturen im August auf über 36 Grad klettern, passiert immer öfter. Während die meisten Büros über eine Klimaanlage und Jalousien verfügen, bekommen Arbeiter im Straßenbau, Postboten und Landschaftsgärtner die Hitze-Sommer richtig zu spüren. Bei fleißiger Arbeit kann die Kraft der Sonnenstrahlen schnell mal in Vergessenheit geraten. Die Folgen können fatal sein: Angefangen bei Übelkeit und Kopfschmerzen bis hin zu einem Kreislaufkollaps oder Hautkrebs, drohen einige Gefahren, die nicht unterschätzt werden sollten.
„Fan von Verschnaufpausen“
„Es ist an vielen Tagen so, dass wir 40 Grad haben und schon morgens festlegen, dass wir gegen 14 Uhr die Arbeit einstellen. Ich möchte auch nicht bei diesen Temperaturen bis um 17 Uhr schwere Arbeit verrichten“, erzählt Gartenbautechniker Johannes Heeg. Er hat eine Firma für Gartengestaltung in Großostheim und ist verantwortlich für seine fünf Mitarbeiter. „Wir stellen auch Sonnenschutz zur Verfügung. Es ist eine Kleinigkeit, Strohhüte und Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor zu besorgen. Viele Kunden bieten im Sommer auch kühle Getränke an. Außerdem bin ich Fan davon, sich einfach mal für eine Verschnaufpause in den Schatten zu stellen.“ Heeg sieht sich in der Verantwortung, seine Angestellten vor der größten Hitze zu schützen. „Was ich selbst nicht machen würde, das sollen auch meine Mitarbeiter nicht tun. In der Vergangenheit habe ich auch schon die Gefahren unterschätzt. Ich musste zum Beispiel mal in der brutalsten Hitze an der Autobahnböschung stehen. Da habe ich die Zähne zusammengebissen und das über mich ergehen lassen.“ Daraus hat der Gartenbautechniker gelernt und weiß, dass er seine Mitarbeiter vor Ähnlichem schützen möchte.
Die richtige Ausrüstung
Auch Paket- und Postboten bekommen das Sommerwetter bei der Arbeit zu spüren und sind auf Erfrischungen angewiesen. „Ich bereite mich vor der Arbeit auf das Sommerwetter vor und nehme mir viel Wasser mit. Vom Arbeitgeber bekommen wir auch eine kleine Kühlbox für Getränke und einen Lappen, den man nass machen kann, um das Gesicht und den Nacken abzukühlen“, erzählt Marcos Rodriguez Gonzalez. Der Großwallstädter ist Postbote aus Leidenschaft. „Bei 36 Grad im Schatten ist es im Auto schnell mal über 40 Grad heiß, wenn man einsteigt. Unsere Arbeitskleidung ist auch extra dafür gemacht, uns vor der Sonne zu schützen - wir haben zum Beispiel Schirmmützen, die die UV-Strahlen vom Gesicht weghalten.“
Arbeitgeber in der Pflicht
Dirk Köhler hat Erfahrung im Umgang mit stechender Sonne bei der Arbeit. Der Geschäftsführer von Köhler GmbH Straßen- und Landschaftsbau in Großheubach greift gerne zu altbewährten Mitteln: „Kappe oder Strohhut muss sein, der Kopf ist ja mit das Wichtigste. Mittlerweile gibt es auch spezielle UV-dichte Kleidung. Auch ein kleinerer Pavillon schützt gut während der Arbeit.“ Außerdem seien regelmäßige Pausen enorm wichtig, um sich zu regenerieren. Man müsse natürlich auch darauf achten, viel zu trinken. „Drei bis vier Liter Wasser am Tag sind auf der Baustelle normal bei Hitze“, erzählt Dirk Köhler. Ähnlich sieht es Hans Beer, Regionalleiter der IG BAU Mittelfranken: „Für den Schutz der Beschäftigten unter freiem Himmel wird oft nicht genug getan, obwohl es viele Mittel gibt - zum Beispiel Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 und Helme mit Nackenschutz. Das zur Verfügung zu stellen, kostet natürlich Geld und deswegen lassen es einige Arbeitgeber. “ Die Zunahme an Fällen von Hautkrebs bestätigt ihn darin, dass mehr für den Schutz von Arbeitern unter freiem Himmel getan werden muss.
„Die Haut vergisst nicht“
Dass die Haut vor zu starker Sonne geschützt werden muss, ist klar. Judith Weigand ist Fachärztin für Dermatologie an der Vital Klinik in Alzenau und kennt die Gefahren von übermäßiger UV-Strahlung. „Es gibt einen erwiesenen Zusammenhang zwischen entblößter Haut bei starker Sonne und weißem Hautkrebs. Gerade bei Dachdeckern, im Straßen- und Gartenbau zählt diese Art von Krebs zu den Berufskrankheiten.“ Wichtig sei es, regelmäßige Kontrolltermine beim Hautarzt wahrzunehmen und Sonnencreme mit hohem Schutzfaktor aufzutragen. „Jeder Mensch hat eine individuelle Eigenschutzzeit, das variiert je nach Hauttyp. Helle Typen müssen sich also öfter eincremen als dunklere. Die Haut vergisst nicht, daran sollte man denken.“
Gartenbautechniker Johannes Heeg möchte seine Mitarbeiter keinen Risiken aussetzen.
Dirk Köhler greift gerne zu altbewährten Mitteln, um sich und seine Mitarbeiter zu schützen.
Marcos Rodriguez Gonzalez weiß sich bei Hitze zu helfen.
Dr. med. Judith Weigand ist Fachärztin für Hautkrankheiten.
Hans Beer, Regionalleiter der IG BAU Mittelfranken.