Relegation - die ungewollte Nachspielzeit?
BAYER. UNTERMAIN (jm). Die Debatte ist seit Jahren in vollem Gange - ist die Fußball-Relegation eine zweite Chance oder entkräftet sie eine ganze Saison? Das liegt natürlich immer ein Stück weit im Auge des Betrachters und dennoch wird immer wieder Kritik an diesem System laut. Auch in diesem Jahr haben am Untermain wieder zahlreiche Relegations-Duelle stattgefunden. PrimaSonntag hat mit beteiligten Trainern und Verantwortlichen gesprochen.
Am 4. Juni um 18 Uhr platzten die Aufstiegsträume des TuS Röllbach. „Das tat natürlich brutal weh“, erinnert sich TuS-Trainer Simon Goldhammer. Dabei hatte mit seinem Team eine beeindruckende Saison hingelegt. In der Vorrundengruppe in der Landesliga sind die Röllbacher völlig überraschend Erster geworden. Auch in der darauffolgenden Aufstiegsrunde konnte der TuS den Schwung mitnehmen und sicherte sich den zweiten Tabellenplatz - damit qualifizierte man sich für die Aufstiegsrelegation. Eine echte Sensation, schließlich befand sich der Verein in den Jahren davor eher im Abstiegs- als im Aufstiegskampf. In zwei furiosen Spielen konnte man Vatan Spor Aschaffenburg bezwingen. Doch auch nach all diesen Hürden stand der Aufstieg immer noch nicht fest. „Wir mussten dann nochmal in zwei Spielen gegen den Würzburger FV antreten“, berichtet Goldhammer. Hier ging seinem Team dann die Puste aus - die Röllbacher unterlagen in beiden Partien. „Die vielen Spiele waren natürlich sehr anstrengend für uns“, analysiert Goldhammer. „Es war ein echter Marathon.“ Ungerecht behandelt fühlt sich die Kämpfertruppe aber nicht. „Natürlich ist es schon ärgerlich, wenn man nach all diesen Runden am Ende irgendwie mit leeren Händen da steht“, erzählt er. „Auf der anderen Seite ist das aber nun mal der Modus und die anderen Teams hatten genauso viele Spiele.“
Unnötige Verlängerung?
Trotz der Niederlage gegen Röllbach würde sich Vatan Spor Aschaffenburg eine neue Regelung wünschen. „Ich finde, dass es auch der Tabellenzweite verdient hätte, direkt aufzusteigen“, erklärt Görkem Oguz, Pressesprecher von Vatan Spor. „Da könnte man beim BFV oder auch beim DFB mal darüber nachdenken.“ Auch dass es zwei Relegations-Runden mit jeweils Hin- und Rückspiel gibt, empfindet Oguz als extrem hart. Ein Team das sich über zwei Runden durchsetzen konnte, ist der SV Frankonia Mechenhard. Nach Siegen über den SV Birkenfeld und die Spfrd Sailauf konnte das Team von Spielertrainer Tino Frauenfelder den Aufstieg in die Bezirksliga feiern. „Grundsätzlich halten wir die Relegation für eine gute Sache“, erklärt Eggy Jung, Sportvorstand des SV. „So hat man auch als Zweitplatzierter die Chance, noch aufzusteigen.“ Trotzdem übt er auch Kritik an diesem Modus, die Saison würde so noch unnötig verlängert werden. „Ein Spiel auf neutralem Platz wäre doch okay“, bringt Jung an. „So hatten wir noch vier zusätzliche Spiele, die auch noch sehr intensiv waren!“ Trainer Frauenfelder musste sogar seinen Urlaub verschieben. „Das ist doch in unserer Klasse, wo wir alles freiwillig und aus Hobby machen, eigentlich nicht zumutbar!“ Marco Reinhard, Sportvorstand von Sailauf, hat ähnliche Kritikpunkte. „Nach einer kräftezehrenden Saison noch vier Spiele Vollgas zu geben, ist für Amateurfußballer schon grenzwertig“, findet Reinhard. Hätte der 1. FC Sand seine 2. Mannschaft nicht zurückgezogen, hätten die Sailäufer sogar noch ein fünftes Spiel bestreiten müssen. Da stellt sich dann die Frage, wann und wie sollen die Spieler mal abschalten, ihre Verletzungen auskurieren und Urlaub machen können, wenn Ende Juli schon wieder die neue Saison beginnt.
„Mehr Positives als Negatives“
Der Bayerische Fußball-Verband sieht in der Relegation ganz klar eine zweite Chance. „Vor der Einführung ist immer nur der Erste aufgestiegen“, erklärt ein Sprecher des BFV. „Es war irrelevant, wie gut ein Vizemeister über die gesamte Saison gespielt hat, oder wie knapp ein Team am rettenden Ufer vorbeigeschrammt ist.“ Dass es in den unteren Ligen zu unterschiedlichen Relegationsmodi komme, liege an der bewusst föderalen Entscheidungsstruktur im Bayerischen Fußball-Verband. Jeder Fußballkreis entscheidet vor der Saison autark für sich, welcher Modus der für seine Ligastruktur und die Rahmenterminplanung passendste ist. Röllbachs Trainer Simon Goldhammer sieht abschließend in den Relegationsspielen mehr Positives als Negatives für sein Team. „Es waren für den Verein und für die Spieler absolute Highlight-Spiele mit einer tollen Stimmung“, schwärmt Goldhammer. Im Schnitt verfolgten mehr als 1.000 Zuschauer die Partien. „Wir haben eine junge Mannschaft, die aus diesen Duellen einiges mitnehmen konnte.“ Bald beginnt die Vorbereitung für die kommende Saison - neues Jahr, neues Glück!