„Ohne Auto ist man aufgeschmissen!“
BAYER. UNTERMAIN (mg). Schnell mal zum Bäcker Brötchen holen, für die erkrankte Frau Medizin in der Apotheke besorgen oder fix ein Paket verschicken - was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist für viele Menschen heutzutage nicht mehr so einfach umsetzbar. Überall in der Region kommt es zu Schließungen von Geschäften, die eigentlich zur Grundversorgung gehören. Vor allem für ältere Menschen im ländlichen Raum kann der einfache Gang zum Arzt dann doch zur ganz schönen Mammutaufgabe werden…
„Die Grundversorgung ist am Bayerischen Untermain noch nicht existentiell gefährdet, dennoch führen einige Faktoren dazu, dass die Grundversorgung bereits spürbar eingeschränkt ist“, erklärt Daniel Röper, Pressesprecher der Handwerkskammer für Unterfranken. Für kleinere Betriebe wird es immer schwerer, die Kosten zu decken. „Große Einzelhändler und Discounter können industriell hergestellte Brot- und Fleischwaren sowie weitere Grundnahrungsmittel zu niedrigeren Preisen anbieten, was es kleinen Bäckereien und Metzgereien schwer macht, auf der Kostenseite wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Röper weiter. Hinzu kommt noch der Fachkräftemangel und die Zunahme der Bürokratie, die den Handwerksbetrieben zu schaffen macht. Das macht sich auch in unserer Region ziemlich deutlich. Regelmäßig liest man von Traditionsbäckereien oder Metzgereien, die nach etlichen Jahrzehnten schließen. Zahlreiche Gemeinden in der Region haben weder Bäcker noch Metzger.
Versorgungslücken auf dem Land
Besonders in kleinen Gemeinden im Kahlgrund, Miltenberg und im Spessart müssen die Bewohner oft in den Nachbarort fahren, um ihre alltäglichen Besorgungen zu erledigen. Ein Beispiel dafür ist Waldaschaff, wo es seit einiger Zeit keine Metzgerei mehr gibt. Einmal pro Woche findet dort jedoch ein Markttag mit einem Metzgerstand statt, um zumindest eine minimale Versorgung zu gewährleisten. Doch es gibt auch positive Beispiele. In Mömbris etwa gibt es noch vier traditionelle Metzgereien, die sogar durch Automaten ergänzt werden, um eine flexible Versorgung sicherzustellen. Ähnlich gut versorgt sind auch Gemeinden wie Bürgstadt, Kleinheubach und Großostheim, die über eine hohe Anzahl an Bäckereien und Metzgereien verfügen. Hösbach ist ebenfalls gut ausgestattet, allerdings gibt es dort nur eine Apotheke und einen Arzt, was besonders für Menschen aus den Ortsteilen problematisch sein kann. Einige Gemeinden haben kreative Lösungen gefunden, um die Grundversorgung zu sichern. So gibt es in Collenberg und anderen Orten Metzger, die mobile Verkaufswagen einsetzen, um die ländliche Bevölkerung zu versorgen. Zudem setzen manche Kommunen auf neue Konzepte wie Selbstbedienungsautomaten oder Wochenmärkte, um den Verlust von festen Geschäften auszugleichen.
Gemeinsam zur Rettung
Trotz dieser Anstrengungen bleibt die Lage in vielen kleinen Gemeinden angespannt. Größere Städte wie Aschaffenburg und Miltenberg fungieren zunehmend als zentrale Versorgungszentren, die auch umliegende Orte mit Dienstleistungen und Produkten versorgen. Kleinere Gemeinden hingegen sind oft auf benachbarte Orte angewiesen, was besonders für ältere oder weniger mobile Bewohner eine Herausforderung darstellt. Die Zukunft der Grundversorgung am Bayerischen Untermain hängt stark davon ab, wie gut es den lokalen Betrieben gelingt, sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und wie sehr die Bevölkerung bereit ist, lokale Geschäfte zu unterstützen. Gerade in den ländlichen Gebieten wird die Herausforderung in den kommenden Jahren nicht kleiner werden, doch mit smarten Lösungen und einer stärkeren Gemeinschaft kann die Grundversorgung auch in kleinen Ortschaften gesichert werden.
Im Kahlgrund
Wilhelm Hammerschmitt aus Blankenbach:
„Es gibt eine Metzgerei und eine Bäckerei. Die Gaststätten haben sehr nachgelassen, früher hatten wir etliche. Für größere Einkäufe fahren wir nach Schöllkrippen oder Geiselbach. Ich habe 37 Jahre hier beim Metzger gearbeitet, jetzt macht meine Schwester weiter, aber wir suchen jemanden, der den Laden übernehmen kann. Das ist sehr schwierig.“
Alois Fleckenstein aus Kleinkahl:
„In Blankenbach ist es gut, es gibt eine richtige Metzgerei. Auch in Krombach und Schimborn gibt es welche. In Schöllkrippen gibt es keine Metzgerei mehr, nur Supermärkte. Das finde ich nicht gut. Als ich jung war, gab es da mehr als zehn Metzgereien.“
Johannes Behl aus Blankenbach:
„Unsere Metzgerei hier ist sehr gut. Die schlachtet auch noch selbst und hat eine eigene Rinderzucht. Die Bäckerei hat leider viel seltener offen als früher. Ein Lebensmittelgeschäft gibt es nicht, da muss man halt nach Schöllkrippen oder Mömbris fahren, aber das ist kein Problem. Auch zur Apotheke und zum Arzt fahre ich nach Schöllkrippen.“
Claudia Evans aus Westerngrund:
„Ich fahre meistens nach Schöllkrippen, um größere Einkäufe zu tätigen, aber ich bin froh und dankbar, dass es kleinere Geschäfte gibt wie den Hofladen in Hofstädten. Es gefällt mir sehr gut, dass es hier frische, regionale Produkte gibt. Zum Arzt oder zur Apotheke muss ich auch nach Schöllkrippen.“
Marika Opitz aus Westerngrund:
„In Westerngrund gibt es nur eine Bäckerei. Ansonsten sieht es nicht so gut aus, was die Geschäfte betrifft. Haupteinkaufsmöglichkeit ist in Schöllkrippen, also Apotheke, Tankstelle und Supermärkte. Kleinere Sachen kaufe ich hier im Dorflädchen in Hofstädten ein.“
Im Kreis Miltenberg
Manfred Grimm aus Breitendiel:
„Früher war es auf jeden Fall besser. Da gab es noch mehr Bäckereien und Metzgereien. Supermärkte gibt es hier nicht. Zum Einkaufen muss ich mit dem Bus nach Miltenberg fahren, Autofahren kann ich nicht mehr, weil meine Augen nicht mehr mitspielen. Man muss halt versuchen, sich anzupassen.“
Renate Erbacher aus Schneeberg:
„Bei uns im Ort gibt es einen Edeka, einen Arzt haben wir auch. Eine Apotheke ist in Amorbach, das ist ja nicht weit. Aber ein Auto braucht man schon.“
Gabi Steegmüller aus Weilbach:
„Wir haben einen Metzger, einen Regionalmarkt und Ärzte. Eine Apotheke haben wir keine, aber die ist in Amorbach und die bringen das zur Not auch. Außerdem haben wir einen Zeitungsladen und eine Postannahmestelle. Also in Weilbach ist die Versorgung so einigermaßen. Nur die öffentlichen Verkehrsmittel sind schlecht.“
Michael Rohner ausBürgstadt:
„Auf dem Land können Sie nur noch einkaufen, wenn Sie ein Auto haben, sonst können Sie es vergessen. Die Busse fahren nur in großen Abständen, abends gar nicht. Ohne Auto sind Sie total aufgeschmissen. Wir haben noch zwei Ärzte, das waren mal mehr. Es kommen kaum Nachfolger aufs Land.“
Friedrich Kolb aus Großwallstadt:
„Größere Einkäufe erledige ich direkt in Großwallstadt, da ist man gut versorgt. Das Einzige, was fehlt, ist ein Zahnarzt.“
Im Kreis Aschaffenburg
Jochen und Jutta Müller aus Waldaschaff:
„Wir werden mit Obst und Gemüse aus der Nachbargemeinde beliefert. Fleisch holen wir bei einem bekannten Metzger aus Sailauf und den Rest besorgen wir bei den großen Supermärkten. Je nach Bedarf besuchen wir ab und zu auch den Wochenmarkt in Waldaschaff.“
Martin Nau aus Waldaschaff:
„Ich bin jeden Mittwochmorgen beim Markt und kaufe etwas. Die Verkäufer dort sind immer freundlich. Insgesamt fühle ich mich sehr wohl hier, auch wenn es nicht ganz so viele Einkaufsmöglichkeiten gibt. Außerdem hab ich ja ein Auto, dadurch bin ich flexibel.“
Gerhard Kunkel aus Waldaschaff:
„Mittwochs gehe ich immer wandern, deshalb hab ich es leider noch nicht auf den Markt geschafft. Ich kaufe dann samstags immer bei einer Metzgerei in Hösbach Bahnhof für die ganze Woche ein. Meine Frau ist nicht mehr so fit, deshalb mache ich das alleine. Solange man noch Auto fahren kann funktioniert alles, aber wenn man auf den Bus angewiesen ist, wird’s schwierig."
Claudia Klihowetz aus Waldaschaff:
„Den Markt kenne ich, aber ich hab ihn bisher noch nicht besucht. Ich erledige meine Einkäufe immer beim Supermarkt. Meiner Meinung nach fehlt es hier an Gaststätten.“
Carola Kunkel aus Laufach:
„Bei uns gibt eine Stelle, an der man sich seine Ware holen kann, aber selbst dort müsste ich erst mit dem Auto hinfahren. Mein Fleisch bekomme ich schon immer vom Bauernhof. Der Wochenmarkt würde mich aber auch mal interessieren, da muss ich auch mal hin.“