„Menschen segnen statt verdammen“
BAYER. UNTERMAIN (jm). Die Glocken des Vatikans klingen - die Glaubensbehörde erlaubt künftig die Segnung gleichgeschlechtlicher und unverheirateter Paare. Das geht aus einer Grundsatzerklärung hervor.
„Ich begrüße sehr, dass die katholische Kirche nun eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht“, berichtet Alzenaus Bürgermeister Stephan Noll. Er heiratete im Oktober 2022 seinen Partner. „Mein Mann und ich hätten anlässlich unserer Hochzeit auch gerne den kirchlichen Segen empfangen. Zu diesem Zeitpunkt war dies aber noch nicht möglich, weshalb wir mit einem befreundeten Pfarrer einen Dankgottesdienst gestaltet und gefeiert haben, der sehr schön und sinnstiftend war.“ Die Entscheidung der katholischen Kirche gäbe nun eine weitere Möglichkeit, sich als Katholik zu seiner Liebe und Gott zu bekennen und die Partnerschaft mit Vertrauen gemeinsam weiterzugehen. „Sie ist eine Botschaft der Akzeptanz und eine Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Liebe einer den Menschen zugewandten Kirche.“
„Segen darf nicht
verweigert werden“
Auch viele Geistliche in der Region begrüßen diesen Schritt. „Ich darf ein Dienstfahrzeug segnen oder ein Wohnhaus. Beide sind leblos! Warum nicht dann zwei lebendige Menschen?“, berichtet Augustin Parambakathu, Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft St. Hubertus, Hochspessart. „Wir sind doch alle Abbilder Gottes. Deshalb würde ich alle segnen, die zu mir kommen und es ist mir ein sehr wichtiger Dienst. Die Kirche soll Menschen lieber segnen als verdammen.“ Viele seiner Kollegen stimmen ihm zu. „Ich würde jederzeit ein gleichgeschlechtliches Paar segnen“, berichtet Lutz Domröse, Standortpfarrer bei den Johannitern in Miltenberg. „Wie es mit Kollegen von mir aussieht, weiß ich ehrlich gesagt nicht.“ Diakon Reinhold Glaser sprach mit PrimaSonntag schon im August über die Thematik. „Kürzlich hat der Kölnern Kardinal Woelki einen Priester gemaßregelt, weil dieser homosexuelle Menschen gesegnet hat. Ich bin überzeugt, dass Kardinal Woelki schon vielfach homosexuelle Menschen zu Priestern geweiht hat. Die Weihe ist gleichermaßen ein Sakrament, wie die Ehe“, erklärt der Mömbriser. „Ein Segen ist kein Sakrament sondern der Zuspruch um den Beistand und die Hilfe Gottes. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass der Segen Gottes allen Menschen gilt, denn der Segen soll Gutes bewirken und Gutes ermöglichen. Daher darf niemand einem anderen Menschen den Segen Gottes verweigern.“
Versuchte
Imagerettung?
Allerdings gibt es auch viele Menschen, denen dieser Schritt nicht weit genug geht. „Meiner Meinung nach ist das der Versuch einer Imagerettung“, erzählt PrimaSonntag-Redakteurin Helene Wilke, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt. „Nachdem Haustiere, Sportplätze und Straßen gesegnet werden, dürfen Menschen, die sich einvernehmlich lieben, auch gesegnet werden? Vielen Dank.“ Der Katholischen Kirche würden die Mitglieder davonlaufen und jetzt dürfe man gesegnet werden, nachdem man Jahre lang verteufelt wurde. „Das ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber weit entfernt von einer wahren Anerkennung. Außerdem ist das Statement des Vatikans immer noch ein Schlag ins Gesicht.“ Darin wird immer betont, dass nur die Ehe zwischen Mann und Frau die wahre Ehe vor Gott sein kann. „Früher hätte ich gerne vor Gott geheiratet, denn auch wir verdienen Gottes Liebe. Heute weiß ich, ich bin schon von Gott gesegnet, weil ich geliebt werde und lieben darf.“