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„Meine Mutter hatte Todesangst um mich!“

18.12.2022, 06:30 Uhr in PrimaSonntag
PS Betrueger

KARLSTEIN (jm). Sie nutzen unsere Liebe und Gutmütigkeit schamlos aus - Trickbetrüger. Egal ob am Telefon oder an der Haustür, sicher ist man nie vor ihnen. Auch am Bayerischen Untermain nimmt das Problem seit Jahren zu. Die Polizei ist sich dem Missstand bewusst und warnt die Bevölkerung vor Unbekannten. In PrimaSonntag schildern jetzt Opfer einer Attacke ihre Erlebnisse.

„Wie kann man nur so mit den Gefühlen der Menschen spielen?“ Wie dreist die Trickbetrüger vorgehen, musste Marco Seemann aus Karlstein erst kürzlich am eigenen Leibe erfahren. „Meine Mutter rief mich zwischen zwei Meetings an“, erinnert sich der frühere Geschäftsführer des TV Großwallstadt. „Sie war total aufgelöst.“ Die 77-Jährige wurde von einer Dame angerufen, die sich als Angestellte des Klinikums Aschaffenburg ausgab. „Ihr Sohn, also ich, wäre zusammengebrochen und mit Covid-19-Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert worden“, berichtet Seemann. „Die Überlebenschancen liegen bei 15 Prozent.“ Für die Rentnerin natürlich ein absoluter Schock. „Sie wurde dann gefragt, wann sie mich das letzte Mal gesehen hätte und wie alt sie sei“, schildert der Karlsteiner. „Da fiel ihr aber glücklicherweise etwas auf.“ Die Nummer der angeblichen Klinikum-Angestellten war anonym. Auf ihre Nachfrage legte die Frau am anderen Ende auf. „Ich bin mir sicher, als nächstes wäre ein Grund genannt worden, um nach Geld zu fragen“, wütet Seemann. „Insgesamt ist kein Schaden entstanden, außer dass meine Mutter kurz vorm Herzinfarkt stand.“ Nach Rücksprache mit dem echten Klinikum rief der Karlsteiner dann bei der Polizei an. „Die können aber nichts machen, weil kein Schaden entstanden ist.“

Kaum Chancen auf Festnahmen
Leider handelt es sich hierbei um keinen Einzelfall. Am vergangenen Mittwoch erzielten Betrüger mit ihrer Masche über WhatsApp in Unterfranken zahlreiche Erfolge. Sie schrieben dabei mehreren Personen eine Nachricht, gaben sich darin als deren Angehörige aus und täuschten eine finanzielle Notlage vor. Im Jahr 2021 kam es zu knapp 2.600 Anzeigen unterfrankenweit im Zusammenhang mit Trickbetrüger-Anrufen. Damit konnte sogar ein Rückgang der Anzeigen verzeichnet werden. „Allerdings sind aktuell Steigerungen bei den vollendeten Callcenter Betrügereien festzustellen“, berichtet Philipp Hümmer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Im letzten Jahr lag der Schwerpunkt der Betrugsmaschen auf „falscher Amtsträger“. Aktuell sind vermehrt Betrugsdelikte per WhatsApp feststellbar. Die Chance, diese Betrüger zu erwischen, geht allerdings gegen null. „Gefasst werden in der Regel nur die Geldabholer, sofern die Polizei vom Fall rechtzeitig Kenntnis erlangt. Die Chancen, die Hintermänner im Ausland zu ermitteln, sind eher gering.“ Denn Trickbetrüger gibt es nicht nur am Telefon, häufig stehen die Kriminellen auch verkleidet vor der Haustür oder klauen in der Öffentlichkeit. Am Dienstag bemerkte eine Frau in einer Bankfiliale in Kahl zwei Frauen, die unmittelbar hinter ihr standen. Als die 78-Jährige in ihr Auto einstieg, trat ein Mann näher heran und deutete auf den rechten Vorderreifen des Pkw. In diesem Moment bemerkte sie die beiden Frauen aus der Bank, die sich an der hinteren Beifahrertür zu schaffen machten. Die Frau machte lautstark auf den Vorfall aufmerksam. Die drei unbekannten Täter flüchteten in der Folge in Richtung Bahnhof.

Philipp Huemmer
Philipp Hümmer, Pressesprecher Polizei Unterfranken

Ältere Menschen sensibilisieren
Marco Seemann möchte in erster Linie die Menschen für das Thema sensibilisieren. „Ich habe meiner Mutter immer schon gesagt, dass man am Telefon oder an der Tür vorsichtig sein muss.“ Gleichzeitig ist er aber auch froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. „Meine Mutter war extrem geschockt, aber sie ist zum Glück noch in guter Verfassung“, erklärt Seemann. „Es gibt ja auch viele ältere Menschen mit einem schwachen Herz, damit ist nicht zu spaßen.“ Auch die Polizei warnt vor falschen Beamten an der Tür oder Enkeltrick-Betrügern im Internet. Grundsätzlich gilt: Übergeben Sie niemals Geld an Unbekannte oder lassen diese in Ihre Wohnung!

KW50 Betrueger 2
Eine Fake SMS an die Reporter aus der PrimaSonntag-Redaktion