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„Man muss eins mit dem Bike werden“

19.03.2023, 06:00 Uhr in Sport
KW11 Sport

KLEINOSTHEIM (mg). In der Corona-Zeit wurde es für viele zum neuen Hobby, für manche war es im Lockdown der einzige Ausweg aus den eigenen vier Wänden: Fahrradfahren. Der Hype hat auch in unserer Region große Wellen geschlagen. Unglaublich viele Menschen haben sich in den letzten Jahren ein Mountainbike oder ein E-Bike zugelegt und es wurden einige neue Strecken und Anlagen geschaffen. Bekannter wurden dadurch auch die Sportler, die im Internet mit waghalsigen Tricks und Manövern auf sich aufmerksam machen. Einer davon ist Jordan Hugo aus Kleinostheim.

Im Verhältnis zu anderen stieg Jordan erst recht spät auf das Mountainbike: „Ich bin, seitdem ich drei Jahre alt war, Motocross gefahren.“ Bis 2014 feierte er zahlreiche Erfolge, unter anderem war er Finalist bei den Deutschen Meisterschaften. Aus persönlichen Gründen entschied er sich aufzuhören. „Nach meinem Abi habe ich beim Fahrradladen Raceworx in Aschaffenburg eine Ausbildung begonnen - da hat es dann nicht lange gedauert, bis ich wieder einen Lenker zwischen den Händen hatte.“ Ab 2017 saß er aktiv im MTB (Mountainbike)-Sport im Sattel. Das Schönste am Sport ist für ihn die Verbundenheit mit der Natur. „Du kannst dir einfach dein Fahrrad schnappen und den Gedanken freien Lauf lassen.“ Vor allem Downhill, also die Bergabfahrt, gleicht einem einzigartigen Gefühl: „In dem Moment gibt es nichts anderes außer die Strecke und mich.“


Ein „No-Name“ an der Spitze

2018 ist er das erste Mal bei der Enduro One, der größten Mountainbike-Serie im deutschsprachigen Raum, gestartet, und das direkt in der Profiklasse: „Da stand ich beim vierten Rennen der Serie direkt auf dem Podium. Das war schon einzigartig.“ Die Serie beendete er auf dem dritten Platz. Den Pokal widmete er seiner Oma, die im Winter zuvor an Krebs erkrankte. „Ich habe ihr gesagt, dass ich für sie kämpfen und alles geben werde.“ 2019 stand er dann wieder auf dem Podest der Enduro One, diesmal aber ganz oben. „Das war der Wahnsinn. Unser Team bestand eigentlich nur aus Freunden. Wir haben die ganze Nacht gefeiert.“ Was er und sein Team erreicht hatten, wurde ihm aber erst im Nachhinein bewusst. „Das ging damals alles schon ziemlich schnell. Du bist so ein No-Name, der dann deutschlandweit vorne mitmischt. Das sind Erinnerungen, die vergisst du nicht.“ Aber kleine Rückschläge gehören auch dazu: „Wenn ich stürze, dann bei dummen Sachen. Bei Tricks oder Kleinigkeiten, bei denen ich nicht 100 % fokussiert bin.“ Bänderrisse gehören fast schon zur Normalität.In der letzten Saison hat er bei einem Trick kurz vorm Landen neben den Lenker gegriffen, konnte die Balance nicht mehr halten und hat sich das Schlüsselbein gebrochen. Um von einem Sturz zurückzukommen, empfiehlt der Zweirad-Freak sich nicht zu viel Druck zu machen: „Das Wichtigste ist Selbstvertrauen zu tanken und Sicherheit ins Rad zu gewinnen. Man muss wieder eins mit dem Bike werden.“


Eigene Bike-Schule

Um so weit zu kommen, bedarf es zahlreiche Stunden an harter Arbeit: „Man kann noch so talentiert sein, wenn man sich nicht den Arsch aufreißen möchte, kommst du nie an das, was du erreichen könntest. Auf der anderen Seite kann man auch ohne großes Talent durch viel Disziplin, Offenheit und regelmäßiges Training sehr weit kommen.“ Genau das will Jordan in seiner „RIDE SCHOOL“ vermitteln. 2021 eröffnete er seine eigene Mountainbike-Schule und bietet seitdem Trainingseinheiten in seinem Wohnort Freiburg und im Raum Aschaffenburg an. „Als ich angefangen habe mit dem Mountainbike, habe ich gemerkt, dass es überhaupt keine Nachwuchsförderung gibt. Ich wollte dem Sport etwas zurückgeben.“ Für sich selbst hat er mittlerweile eine andere Art des Sports gefunden. „Ich habe immer noch Feuer in mir und hab mir Gedanken gemacht, wie ich mich in einem kleineren Rahmen ausleben kann - da kam dann Pumptrack ins Spiel.“ Pumptrack ist eine noch recht junge Disziplin im MTB-Sport, erst im letzten Jahr wurde eine Anlage in Nilkheim eröffnet. Dabei handelt es sich um einen kleinen welligen Rundkurs aus Asphalt. „Man muss aus eigener Körperkraft, ohne zu treten, Schwung generieren um die Wellen mitzunehmen.“

Ausbaufähige Situation
am Untermain

Seine ersten Schritte im Downhill machte Jordan am Eller in Mainaschaff. Dort fand er eine verlassene Strecke und begann sie mit seinen Freunden wieder herzurichten: „Ich wusste, dass es dort mal offizielle Trails gab und dann haben wir die Schaufeln in die Hand genommen.“ Die Situation für Mountainbiker bei uns ist laut ihm in den vergangenen Jahren wesentlich besser geworden, aber es gehe noch viel zu langsam voran: „Problematisch ist, dass sie meisten Behörden keine Bindung zum MTB-Sport haben. Die denken, Mountainbiken ist nur Forstwege hoch- und runterfahren. Klar gibt es das auch, aber man sollte eben das ganze Spektrum ansprechen.“ Auch bei den Trails sieht er noch Verbesserungsbedarf: „Durch den Bike-Boom haben sich auch die Mountainbiker vermehrt, da brauchst du halt auch mehr Strecken - und vor allem welche für jedes Level. Das wird eben nicht verstanden.“ So kommen auch die illegalen Trails zustande, wenn das Angebot vor Ort den Anforderungen der Biker nicht genügt. „Solange das nicht begriffen wird, wird sich daran auch nichts ändern.“

KW11 Sport2
Die Strecken am Untermain genügen vielen nicht.
KW11 Sport3
Jordan will dem Sport etwas zurückgeben.
KW11 Sport5
Jordan und sein Team feiern den Sieg der Enduro One (2019).