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Hoffnungsträger oder Eingriff in die Natur?

03.11.2024, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Windrad online

BAYER.UNTERMAIN (de). Der Bayerische Untermain steht vor einer wichtigen Entscheidung: Sollen Windräder im Spessart gebaut werden, um die Energiewende voranzutreiben? Während einige auf die Chancen und Möglichkeiten setzen, die Windkraft mit sich bringt, sehen andere eine Bedrohung für Natur und Landschaft.

Die Vorgabe kommt aus der Bundesgesetzgebung: 1,1 bis 2 Prozent der Fläche des Bayerischen Untermains sollen für Windkraftanlagen zur Verfügung gestellt werden. Laut Sebastian Büchs, Regionsbeauftragter an der Regierung von Unterfranken, wurde bereits eine Auswahl von 29 möglichen Gebieten getroffen. Wichtig: Nicht überall müssen Rotoren gebaut werden. „Es wird noch Änderungen geben, denn wir haben ein paar mehr Gebiete identifiziert, als letztendlich benötigt werden. Wichtig ist, dass die Fläche geeignet ist - sie darf nicht zu steil sein und muss genug Wind liefern“, betont Büchs. Der Beteiligungsprozess der Anwohner liegt ihm dabei besonders am Herzen, deswegen hat es auch in Haibach und Elsenfeld Infoveranstaltungen gegeben. Bis Januar können sie ihre Meinungen äußern. „Wir wollen eine möglichst breite Akzeptanz erzielen“, erklärt auch Jens Marco Scherf, Miltenbergs grüner Landrat. Beide betonen, dass alle naturschutzfachlichen und artenschutzrechtlichen Punkte berücksichtigt wurden. Und auch auf die Menschen wurde geachtet: „Die Windvorranggebiete sind mindestens 1.000 Meter von Wohnsiedlungen entfernt. Das ist mehr, als gesetzlich vorgeschrieben“, so Scherf. Viele Kommunalpolitiker sehen in den geplanten Windvorranggebieten eine große Chance. Elsenfelds Bürgermeister Kai Hohmann: „Ich glaube schon, dass es wichtig ist, die Energiewende voranzutreiben.“ Die Windkraft soll dabei helfen, die Region unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen. Zudem betonen Befürworter wie Scherf, dass die Windkraft auf maximal zwei Prozent der Fläche beschränkt bleibt, während die übrigen 98 Prozent unberührt bleiben: „Wir steuern das kommunal.“

Industriepark statt Naturpark?

Doch die Pläne stoßen auch auf Widerstand. Viele Kritiker befürchten negative Auswirkungen auf die Natur. Andreas Rinner ist ein Gegner der Windkraftprojekte. Er sagt: „Der Spessart ist eine Region, die zur höchsten Landschaftsschutzgüte zählt. Das würde sich von Grund auf ändern, wenn hier Windräder stehen würden. Man hätte keinen Naturpark, sondern einen Industriepark.“ Die Sorge, dass durch die Windkraftanlagen der Charakter der Region verändert wird, teilen viele. „Es geht nicht darum, dass irgendwelche Windräder aufgestellt werden, es geht um den Wald. Wir wollen nicht, dass der Wald abgeholzt wird wegen Windkraftanlagen“, lautet ein häufig geäußerter Kritikpunkt. Der Bund Naturschutz schlägt vor, Windräder nur auf Flächen zu errichten, die bereits geschädigt sind, und nicht im Naturschutzgebiet.“ Und über die Auswirkungen auf die geplante Biosphären-Region Spessart wird noch gar nicht debattiert. Ob die UNESCO einen mit Windkraft vollgespargelten Spessart zum Biosphärenreservat erklärt, ist mehr als fraglich. Die Diskussion über die Windkraft am Bayerischen Untermain wird also weitergehen.

KW44 Windvorranggebiete 1
Steffen Klingenstein und Brigitte Heim aus Westerngrund

„Es ist eine gute Sache, dass zu dem Thema Infomärkte stattfinden. Vor allem, da hier nicht nur die Pro-Seiten des Windparks gezeigt werden. Somit kann man sich ein ausgewogenes Bild von den Vor- und Nachteilen machen.“

KW44 Windvorranggebiete 2
Andreas Hoos aus Aschaffenburg

„Wir werden, was den Ausbaustand der erneuerbaren Energien angeht, nicht viel weiterkommen, wenn wir keine Windräder haben. Ich finde es aber auch gut, dass bei den Infomärkten sowohl die Befürworter, als auch die sogenannten Windkraftgegner zu Wort kommen.“

KW44 Windvorranggebiete 3
Thilo Schneider aus Schöllkrippen

„Eine Demokratie lebt vom Austausch. Ich persönlich habe aber nichts gehört, was mich von den Windrädern zu 100% überzeugt. Ich finde es auch schade, dass das Gesetz hier so sehr überwiegt. Man hat hier zwar die Möglichkeit zu sagen, dass einem das Konzept nicht gefällt, aber letztlich kann man leider nichts gegen das Gesetz machen.“

KW44 Windvorranggebiete 4
Wolf Reschke aus Alzenau

„Ich finde es im Grunde gut, weil ich denke, dass wir hier in Bayern sehr wenig bisher getan haben. Und jede Gemeinde sollte sich bemühen, etwas für die Energiewende zu tun. Und von daher unterstütze ich das. Was natürlich zum Teil fraglich ist, ob man dafür viel Wald roden sollte, aber es gibt viel Fläche, wo man es machen könnte.“

KW44 Windvorranggebiete 5
Monika Wegmann aus Westerngrund

„Generell wäre ich dafür. Wenn man bedenkt, wie das in Zukunft mit den E-Autos wird - wo soll der ganze Strom herkommen? Also muss ja irgendetwas passieren, aber ob die ganzen Anwohner das dann so toll finden, weiß ich jetzt nicht, wenn man jetzt direkt so ein Ding vor der Nase stehen hat. Strom brauchen wir halt alle. Also ich denke die Rechnung von Habeck ist aufgegangen, so wie er sich es vorgestellt hat. Es muss ja irgendwas passieren.“

KW44 Windvorranggebiete 6
Lieselotte Ecke aus Sommerkahl

„Auf jeden Fall ist das gut für die Umwelt. Wir haben hier noch kaum Erfahrung mit Windrädern. Aber im Norden gibt es die öfter und ich finde, die sind schön anzusehen.“

KW44 Windvorranggebiete 7
Andreas Herber aus Alzenau-Wasserlos

„Wo soll die Energie denn herkommen? Weil die Netze gerade in Bayern meistens nicht so gut ausgebaut sind, finde ich es schon gut, wenn wir eben lokal und dezentral auch versuchen, Energie einzufangen, egal ob das Solar oder Windkraft ist.“

KW44 Windvorranggebiete 8
Helmut Kuska aus Straßbessenbach

„Für mich klingt das nach einer guten Sache. Es gab noch einige Unklarheiten und da ich selbst Grundstückbesitzer bin, interessiert es mich auch, ob ich durch die Planung irgendwie betroffen wäre. Wenn meine Kinder das Grundstück dann erben, ist es mir wichtig, dass es keine Rückbausteine geben wird. Es gibt zwar noch sehr viele Fragen, aber schauen wir mal, wie sich die Situation entwickelt.“

KW44 Windvorranggebiete 9
Dagmar Förster aus Alzenau

„Ich persönlich bin grundsätzlich nicht gegen Windkraft, aber ich bin auch nicht dafür. Es gilt jetzt, die vorgeschlagenen Vorranggebiete abzuwägen.“