„Haltet Kiffer von unseren Kindern fern!“
BAYER. UNTERMAIN. (mg). Seit dem 1. April ist Kiffen in Deutschland erlaubt. Doch vor allem in Bayern hat man die Grüne Brille abgelegt und will Cannabis-Genießern das Leben so schwer wie möglich machen. In Alzenau wurden - abseits der bundesweiten Regelungen - ortsspezifische Verbote eingeführt. PrimaSonntag hat recherchiert, in welchen Gemeinden das in Zukunft auch der Fall sein könnte und Politiker und Leser zu ihrer Meinung befragt.
„Wer kiffen möchte, soll das woanders machen“. Ministerpräsident Markus Söder stellte schon öfters klar: Bayern wird nicht zur Kiffer-Hochburg. „Unser Ziel ist es, den Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen“, sagte Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach aus Weibersbrunn rund zwei Wochen nach der Legalisierung. Weder in Biergärten noch auf Volksfesten ist der Konsum erlaubt. Der Aschaffenburger Bundestagsabgeordnete Karsten Klein sieht den „Ego-Trip“ der CSU kritisch: „Das Cannabisgesetz enthält klare Regeln für den Konsum. Ein umfassender Kinder- und Jugendschutz ist dadurch gewährleistet. Darüber hinaus gilt das Hausrecht der Verantwortlichen. Es bedarf keiner Regelungen der Bayerischen Staatsregierung, die nur darauf abzielen, den Aufwand der Sicherheitsbehörden zu erhöhen.“ Laut Gerlach und Söder sei das aber wohl doch der Fall. Der Busgeldkatalog sucht in ganz Deutschland seinesgleichen. Mit harten Strafen will die CSU dafür sorgen, dass der Freistaat „kein Kiffer-Paradies“ wird. 1.000 und sogar 2.000 Euro können beim Konsum fällig werden.
„Einfach zur Klarheit“
Aber mancherorts scheinen den Verantwortlichen selbst die harten Regelungen Bayerns nicht auszureichen. So zum Beispiel in Alzenau. Letzte Woche diskutierte man im Stadtrat über zusätzliche Verbote. „Wir haben beschlossen, dass wir sowohl für das Waldschwimmbad und für den Meerhofsee einfach das Verbot von Cannabis in die Satzung mit aufnehmen“, erklärt Bürgermeister Stephan Noll. In beiden Situationen tritt eigentlich der Kinder- und Jugendschutz des Cannabis-Gesetzes in Kraft: Öffentlich bleibt Kiffen im Umkreis von etwa 100 Metern bzw. in Sichtweite von Schulen, Kitas, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und Sportstätten verboten. „Es dient einfach zur Klarheit“, so Noll. Zweimal kam es bereits vor, dass Gäste nachgefragt haben, wie denn hier der Stand der Dinge sei. Auch im Aschaffenburger Stadtbad fährt man die Null-Toleranz-Strategie - wer sich hier eine Sportzigarette gönnt, fliegt im hohen Bogen raus. Genauso in Großwallstadt. Erlenbach und Goldbach sehen sich sowieso als Sportstätten, womit ein Verbot selbstverständlich ist. Da das bayerische Staatsministerium ohnehin plane, den Konsum in Freibädern zu verbieten, dürfte sich das Thema bald aber sowieso erledigt haben. Ein anderes Bild kristallisiert sich am Niedernberger See heraus. Seen fallen nicht zwangsläufig unter die Sportstättenregelung. Rund um den Honisch Beach ist die Situation aber klar. Der Spielplatz am Strand zeige klar, dass der Konsum verboten ist. Laut Bürgermeister Ralf Sendelbach plane man, keine Extra-Schilder aufzustellen. Am weitläufigen Ufer sehe die Situation anders aus. Regelmäßige Kontrollen sollen - wie bisher auch - für Ordnung sorgen. „Wir beobachten die Situation und, falls nötig, werden wir gegensteuern“, so der Rathauschef.
„Bubatzkarte“
als Hilfsmittel
Genauso in Aschaffenburg. Auch hier warte man erstmal die Entwicklung ab, heißt es aus dem Büro des Oberbürgermeisters. Die kleineren Ortschaften am Untermain beschäftigen sich kaum mit dem Thema. Eine PrimaSonntag-Recherche ergab, dass man vielerorts die vorgegeben Regelungen als ausreichend ansehe. In Mainaschaff weist man auf die „Bubatzkarte“ hin. Hier kann man im Internet recht klar nachvollziehen, wo gekifft werden darf. In Karlstein hat man für das Freizeitgebiet Großwelzheim ein generelles Verbot ausgesprochen. „Einen durchziehen“ am Weissee ist damit vom Tisch. In der Verwaltungsgemeinschaft Schöllkrippen wollen sich die sieben Bürgermeister Anfang Juni zusammensetzen, um sich über den zukünftigen Umgang in den einzelnen Gemeinden zu beraten. Es wird spannend bleiben, ob im Laufe des Sommers, wenn sich die Vorfälle voraussichtlich häufen, noch Verbotszonen hinzukommen. Die Menschen aus der Region sind auf jeden Fall ähnlicher Meinung…
Das sagen die Leser:
Gudrun und Helmut Wüst aus Sommerkahl: „Ich finde die Verbotszonen gut! Das muss einfach nicht sein, ich denke da immer an Kinder und Jugendliche. Generelles Kiffen finde ich okay, ist mir eigentlich egal. Der das nimmt, muss für sich selbst die Verantwortung tragen.“
Wiebke Hartwick aus Michelbach: „Ich finde es prinzipiell gut, man könnte die Verbotszonen sogar noch etwas ausweiten, weil man gerade bei Spielplätzen, wenn der Wind ungünstig steht, es schon riecht. Ich habe drei Kinder und da bin ich lieber vorsichtig.“
Max Mauro aus Obernau: „Ich find die Verbotszonen sehr gut, manche mögen den Geruch, ich halt nicht. Bei der Legalisierung gibt es verschiedene Ansichtspunkte – Alkohol und Zigaretten sind ja auch legal und wenn Cannabis genauso schädlich ist, macht das ja so Sinn.“
Ann-Kathrin Latussek aus Wasserlos: „Finde ich gut, in Privaträumen ist mir das egal, aber an öffentlichen Plätzen, gerade da wo Kinder spielen, mag ich das nicht. Die generelle Legalisierung find ich absolut in Ordnung, besser als Alkohol zu trinken.“
Esma Perwan aus Wasserlos: „Verbotszonen finde ich richtig. Die generelle Cannabislegalisierung finde ich nicht okay, es reizt die Jugendlichen, damit anzufangen und es wird dann immer mehr. Die lernen Auto fahren und bauen dann noch Unfälle.“
Carmela Kohl aus Kahl: „Ich stehe gegen Cannabis. Ich möchte mehr Verbotszonen. Die jungen Leute machen das so doch nur noch mehr.“
Ursula Leinweber aus Alzenau: „Die jungen Leute können das doch selbst beurteilen, die gucken Fernsehen und können sich mittlerweile über das Internet informieren, die wissen, was sie da tun und können das individuell einschätzen.“
Magret Bellak aus Alzenau: „Ich bin da ganz rigoros: Ich sage NEIN zu Cannabis, egal für wen und wie viel! Es ist ja doch ein Rauschgift. Ich habe zwei kleine Urenkel und wenn ich mir vorstelle, dass die damit anfangen, oh Gott!“
Michael Giegerich aus Aschaffenburg: „Bei Kindergärten finde ich kifffreie Zonen okay, aber auf der Straße habe ich kein Problem damit. Es ist legalisiert, da darf man auch auf den Straßen kiffen.“
Thomas Sarassi aus Aschaffenburg: „Grundsätzlich finde ich die Idee von diesen Zonen gut. Es gibt einfach Menschen, die wollen damit nicht konfrontiert werden und Kinder sollten damit auch nicht in Kontakt kommen. Für mich würden Bereiche Sinn machen, in denen sich Kiffer treffen können.“
Maja Stahl und Alexander Steigerwald aus Aschaffenburg: „Wir bezweifeln einfach, ob sich Leute an diese Verbotszonen halten würden, man sieht es ja jetzt auch bei den Nicht-Raucher-Bereichen, dort wird ja auch geraucht. Vor Schulen und Kindergärten wäre es sinnvoll, aber Verbote animieren auch immer.“