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„Günter komm, ich krieg‘ eine neue Niere!“

04.06.2023, 06:30 Uhr in PrimaSonntag
KW22 Organspende 7

BAYER. UNTERMAIN (jm).„Erstmal denkt man, das Leben ist vorbei“, erinnert sich Petra Debes. Über 30 Jahre später ist sie noch am Leben - dank zweier Organspenden. An diesem Samstag (3. Juni) war Tag der Organspende. Das Thema ist heiß diskutiert: Den einen gibt es ein unwohliges Gefühl, sich mit dem eigenen Sterben zu beschäftigen, erst recht mit dem Gedanken, sich Organe entnehmen zu lassen - für viele ist es aber eine Selbstverständlichkeit, Leben zu retten, wenn das eigene nicht mehr ist. Petra Debes hat gleich zweimal davon profitieren dürfen.

Seit ihrem 21. Lebensjahr klagte die Mömbriserin über Bluthochdruck. Die Ärzte fällten schnell die Diagnose „Schrumpfniere“, das führte zunehmend zu einem Funktionsverlust und einer Verkleinerung der Nieren. Noch fünf Jahre lebte Petra so weiter, ging regelmäßig zur Bauchfelldialyse, dann ging es nicht mehr: Sie brauchte eine neue Niere. „Ich wollte doch noch erleben, wie mein Kind in die Schule kommt und zur Kommunion geht“, berichtet die 59-Jährige. Insgesamt eineinhalb Jahre wartete sie dann auf eine Spende. Bis zu diesem erlösenden Anruf: „Anfangs war es ein recht komisches Gefühl. Ich habe dann meinen Mann angerufen: Günter komm, ich kriege eine Niere.“

Neun Jahre mit Niere
Glücklicherweise sprang die Niere nach der Operation an. „Es ging danach sehr gut. Auf jeden Fall besser als mit Dialyse.“ Neun Jahre lebte Petra mit der neuen Niere, dann gab es Probleme. Es musste eine neue her. „Das ist hart. Kurz davor waren wir noch in Florida im Urlaub.“ Erneut zog einiges an Zeit ins Land, bis Familie Debes erstmals wieder aufatmen konnte. „An dem Tag wollte ich mit meiner Nachbarin das Deutschland-Spiel bei der Weltmeisterschaft schauen“, erinnert sich die Mömbriserin. „Beim Einkaufen wurde ich dann angerufen.“

„Organspende-Ausweis
entlastet Angehörige“
In der Helios Klinik Erlenbach ist Dr. med. Mohamed Lamine Benghebrid Transplantationsbeauftragter. „Grundsätzlich finden in einer Klinik wie der Helios Klinik Erlenbach nur Organentnahmen statt.“ Die eigentlichen Transplantationen finden in speziellen Zentren statt. „Wir konnten 2019 und 2021 bei zwei Spendern erfolgreich Organe entnehmen. Dadurch wurden letztlich vier Leben gerettet“, erklärt Benghebrid. „Für eine ländliche Klinik wie Erlenbach ist das sehr viel.“ Darüber hinaus seien die Gespräche mit den Angehörigen sehr wichtig. „Man möchte ja keine Entscheidung treffen, die gegen den Willen des Verstorbenen gehen würde. In einer solchen Situation kann die Gewissheit über den Wunsch zur Organspende viel Entlastung bringen, weswegen ein Organspende-Ausweis sehr hilfreich ist.“ Dr. Benghebrid hat selbst einen Ausweis. „ Ich glaube an dieses System und möchte auch mit gutem Beispiel vorangehen.“

KW22 Organspende 8
Foto: Helios Klinik Erlenbach

„Ich kann nicht
mehr so wie ich will“
Mittlerweile geht es Petra Debes leider wieder schlechter. Bis vor vier Jahren ist sie noch arbeiten gegangen. Dann hat sie einen künstlichen Ausgang bekommen, bekommt jetzt Blutwäsche. „Ich kann halt nicht mehr so, wie ich will. Aber ich kann noch einkaufen gehen und Sauerstoff habe ich auch noch“, scherzt Petra. Allerdings hat sie auch einen großen Kritikpunkt an dem System. „Die meistens angewendete Blutwäsche ist nicht so gut wie die Bauchfelldialyse, da fühlt man sich gesund und kann auch ganz anders essen“, berichtet die 59-Jährige. „Es wird einfach viel zu wenig angeboten, weil damit eben nicht so viel verdient wird.“ Petra Debes selbst hat aufgrund ihrer Erkrankungen keinen Organspende-Ausweis, „dafür aber mein Mann.“

Das sagen unsere Leser:

Monique Beller aus Hösbach

KW22 Organspende 1

„Ich habe keinen Organspende-Ausweis, weil ich nicht darf. Ich nehme Medikamente. Aber wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich einen haben.“

Gerhard Rose aus Aschaffenburg

KW22 Organspende 2

„Ich halte das für absolut sinnvoll, es kann einem ja selbst auch passieren. Ich habe selbst einen Organspende-Ausweis, aber zum Spenden bin ich wohl schon zu alt.“

Thorsten Schmitz aus Aschaffenburg

KW22 Organspende 3

„Ich finde es total wichtig, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Man kann so einfach Leben retten.“

Almut Frischmuth aus Miltenberg

KW22 Organspende 4

„Ich bin leider keine Organspenderin. Ich habe aber einen Sohn, der Motorrad fährt, der hat einen Ausweis - da bin ich auch sehr froh. So bleibt es in der Familie.“

Anita Cahnaus Aschaffenburg

KW22 Organspende 5

„Ich als ehemalige Krebspatientin weiß überhaupt nicht, ob ich ein Organ spenden darf. Da würde ich mir allgemein schon mehr Informationsstellen wünschen.“

Lena Maithof aus Sailauf

KW22 Organspende 6

„Seit drei Jahren habe ich ein Organspende-Ausweis - weil es mir wichtig ist. Wenn ich nicht mehr da bin, kann ich noch eine gute Tat vollbringen.“

Wie kann ich noch meine Bereitschaft zur Organspende signalisieren?

KW22 Organspende 9

Unsere Reporterin Helene Wilke hat sich unter die Nadel gelegt und sich ein Zeichen tätowieren lassen, dass Zustimmung zur Spende signalisiert. Den ganzen „Reporter Aktuell“ Videoclip gibt’s hier.