Gefahr auf vier Rädern?
- Main-Vorfall heizt Debatte erneut an
BAYER. UNTERMAIN (mg.) Autofahren im hohen Alter - Fluch oder Segen? Immer häufiger liest man von Unfällen, bei denen ältere Fahrer beteiligt sind. Der jüngste Fall: Ein Seniorenpaar landet mit seinem Auto im Main. Was steckt hinter diesen tragischen Vorfällen, und wie groß ist die Gefahr, die von älteren Verkehrsteilnehmern wirklich ausgeht?
Eine gemütliche Spazierfahrt am idyllischen Karlsteiner Mainufer endete für ein älteres Ehepaar in einem unfreiwilligen Bad - ihr Auto landete nämlich kopfüber im Fluss! Der 88 Jahre alte Opel-Fahrer und seine 84-jährige Frau hatten bei dem Regen wohl das Ende der geteerten Straße nicht erkannt und schossen über die Kaimauer hinaus. Als die Feuerwehr wenig später eintraf, saß das Ehepaar noch im Fahrzeug - das Hinterteil des Wagens hing gerade noch so an Land. Völlig durchnässt, aber unverletzt konnten beide Insassen geborgen werden. Die Rentner kamen mit dem Schrecken davon. Es ist nicht der erste Fall von Glück im Unglück in den letzten Wochen. Ein 74-jähriger Mazda-Fahrer bremste vergangene Woche Donnerstag auf der B469 zu spät und kollidierte mit dem Heck eines Lastzuges. Das Auto Schrott, der Fahrer zum Glück unverletzt. Nur wenige Stunden zuvor: Stau auf der A3 bei Rohrbrunn. Ein 80-jähriger Opel-Fahrer erkannte den stockenden Verkehr zu spät und knallte in das Heck eines Skodas - auch hier blieben die Insassen unverletzt, während die Fahrzeuge abgeschleppt werden mussten. Der Gedanke, im hohen Alter den Führerschein abzugeben, ist für viele Senioren ein Albtraum. Doch die Realität sieht anders aus: Altersbedingte Einschränkungen, wie nachlassende Reaktionsfähigkeit, schlechteres Sehvermögen und langsameres Urteilsvermögen können schnell zur Gefahr werden. „Mit zunehmendem Alter treten Leistungseinbußen oft schleichend auf“, erklärt Florian Fraunholz vom ADAC Nordbayern. „Erkrankungen und Medikamente verschärfen dieses Risiko zusätzlich.“ Ein Blick in die Verkehrsstatistik der Polizei zeigt, dass es 2023 in Unterfranken zu fast 3.000 Unfällen kam, bei denen ältere Fahrer beteiligt waren. Erschreckend: In 742 Fällen wurden die Senioren verletzt, 14 von ihnen überlebten den Unfall nicht. Die Zahlen werfen die Frage auf: Ist es verantwortungsvoll, im hohen Alter weiterhin aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen?
Jung und risikofreudig, alt und unsicher
Während solche Unfälle immer wieder die Forderung nach verpflichtenden Fahreignungstests ab 70 Jahren laut werden lassen, hält der ADAC wenig davon. „Eine starre Altersgrenze ist nicht zielführend“, betont Fraunholz. Stattdessen plädiert der ADAC für freiwillige Checks - und das regelmäßig. Programme wie der „Fahr-Fitness-Check“ oder Pedelec-Trainings für Senioren sollen helfen, die eigenen Fähigkeiten realistisch einzuschätzen. Doch nicht nur die Älteren haben dabei oft Schwierigkeiten. In der Verkehrs-Statistik finden sich nicht nur Senioren, sondern auch viele junge Fahrer wieder. Die sogenannten „Gefahranfänger“ (18 bis 24 Jahre) sind laut Polizei die Gruppe, die prozentual die meisten Unfälle verursacht. Doch während junge Fahrer oft durch Raserei oder Leichtsinn auffallen, sind es bei Senioren eben altersbedingte Defizite. Was bleibt, ist ein schwieriger Balanceakt: Senioren wollen so lange wie möglich mobil und unabhängig bleiben, doch die Risiken steigen mit dem Alter. Fraunholz bringt es auf den Punkt: „Sich selbst kritisch zu hinterfragen und rechtzeitig ärztliche Checks durchführen zu lassen, ist unerlässlich.“ Sicher ist: Das Thema bleibt brisant, und die Frage, wer am Ende jetzt die größere Gefahr darstellt - „Gefahranfänger“ oder „Risiko-Rentner“ - wird uns auch in Zukunft begleiten.
Marlon Hilf aus Mömbris: „Ich finde nicht, dass ein Test nötig ist. Man sollte selbst entscheiden, wann es Zeit ist seinen Führerschein abzugeben. Schließlich wollen ja auch ältere Leute mobil sein und am öffentlichen Leben teilhaben.“
Robin Imhof aus Rothenbuch: „Ein freiwilliges Fahrsicherheitstraining, das speziell für Senioren angeboten wird, wäre meiner Meinung nach am besten. So könnten sie besser einschätzen, ob sie noch fit genug sind.“
Gabriele Niederstenschee aus Schimborn: „Viele überschätzen sich und sind der Meinung, sie könnten im hohen Alter noch so Auto fahren wie früher. Ab 70 wäre ein Test sinnvoll.“
Sigrun Ehmann aus Sommerkahl: „Ich persönlich habe nicht mal einen Führerschein gemacht. Mein Mann fährt auch nicht mehr. Aber als er noch gefahren ist, hatte ich oft Angst um ihn. Er hat immer schlechter gesehen und dann mit 80 aufgehört zu fahren. So einen Fahrsicherheitstest anzuordnen, fände ich gut.“
Jennifer Rudowicz aus Niedernberg: „Ich sehe das Thema aus eigener Erfahrung etwas kritisch. Mein Schwiegervater sitzt mit 80 Jahren und Pflegestufe 2 noch vorm Steuer. Da macht man sich natürlich Sorgen, weil er nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr bringt. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man da nicht mit gesetzlichen Verboten durchgreifen sollte, sondern an die Selbstverantwortung der Personen appellieren sollte.“
Andreas Kraus aus Aschaffenburg: „Ich habe im Straßenverkehr selbst schon öfter erlebt, dass es wegen Rentnern fast zu Unfällen kam. Trotzdem bin ich dagegen, ihnen den Führerschein ab einem gewissen Alter abzunehmen. Die wollen ja auch nicht nur noch daheim sitzen.“