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„Ein Toter rettete mein Leben“

23.06.2024, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Titelfoto Organspende

BAYER. UNTERMAIN (hw). „Wäre dieser Mann nicht gestorben, würde ich heute wahrscheinlich nicht mehr leben.“ Der Valentinstag 2023 war für Dirk Lienenkämper aus Aschaffenburg ein ganz besonderer. Er bekam ein neues Leben geschenkt - mit der Transplantation einer Leber. Er ist einer von vielen in Deutschland, die auf eine Organspende gewartet haben. Tausende sind aber immer noch auf einer Liste, teilweise warten sie jahrelang auf eine Transplantation. Denn in Deutschland gibt es zu wenig Organspender.

Deshalb soll jetzt eine Lösung her - die sogenannte Widerspruchslösung. Alle Menschen werden direkt als potentielle Organspender registriert. Nur durch einen Widerspruch zu Lebzeiten kann man sich aus diesem Register entfernen lassen. Ein wichtiges Konzept, findet auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach: „Damit müssten sich alle Bürger mit der Thematik auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen. Das wäre auch eine Entlastung für die Angehörigen.“ Denn aktuell warten in Bayern 1.200 Menschen auf ein lebenswichtiges Spenderorgan. Oftmals sind es Falschinformationen und das schlechte Image der Organspende, die Menschen daran hindern, einen entsprechenden Ausweis zu beantragen. Dabei geht Organspende uns alle etwas an. Denn bei einem Unfall oder einer Krankheit wird der Ruf nach einem Spender schnell laut.

Letzte Hoffnung auf Leben
Dirk Lienenkämper weiß, wie es sich anfühlt zu warten. Er bekam vor einem Jahr eine Leber transplantiert, damals die letzte Hoffnung für den heute 52-Jährigen. Als der Aschaffenburger ins Krankenhaus kam, war eine Organspende seine letzte Rettung „Ich war 13 Jahre lang krank, habe mich aber immer so fit gefühlt, dass ich anderen Leuten, die es vielleicht nötiger gebraucht haben zu dem Zeitpunkt, den Platz auf der Warteliste nicht wegnehmen wollte. Und dann wurde es von heute auf morgen so schlimm, dass ich nicht mal mehr sprechen konnte. Die Leber hat einfach aufgehört zu arbeiten.“ An die Zeit rund um die Transplantation kann sich der Familienvater nur schwach erinnern - vor dem Eingriff an sich hatte er aber wenig Angst, denn die Ärzte hatten ihn zuvor gut aufgeklärt. „Sie haben alle Fragen beantwortet, die einem so in den Kopf schießen und haben mich so gut begleitet in diesem Prozess.“ Nach dem Krankenhausbesuch wurde bei ihm ein Test durchgeführt, um zu prüfen, ob er überhaupt fit genug ist, eine Spenderleber zu erhalten. Danach weitere, die ihn innerhalb der Warteliste eingestuft haben. „Du bekommst dann einen Wert und wenn der super hoch ist, dann bist du auch mal auf Platz 1.“


Transplantation ist sein zweiter Geburtstag
Ein Jahr später geht es Dirk Lienenkämper wieder besser. Die Operation hat er gut überstanden und auch die Nachsorge ist für ihn gut verlaufen. „Am Anfang war es komisch, eine fremde Leber in mir zu tragen und zu wissen, die hat einem anderen Menschen gehört. Aber schon im Krankenhaus wurde mir eine Seelsorge angeboten und auch in der Reha danach wurde man begleitet.“ Das Gefühl, ein neues Leben geschenkt zu bekommen, war für ihn lange unbegreiflich. „Ich feiere seitdem jedes Jahr zweimal Geburtstag. Weil diese Transplantation mir ein neues Leben geschenkt hat.“ Gegenüber dem Spender empfindet Dirk tiefste Dankbarkeit und er weiß heute, dass er ohne die Leber nicht mehr leben würde. „Dass so ein Eingriff überhaupt möglich ist, dass das dann auch noch funktioniert, ich weiter leben darf und auch noch so fit bin…das ist schon surreal.“ Organspender ist der 52-Jährige immer noch und auch die Widerspruchslösung findet er eine gute Antwort auf den Organmangel. „In meiner Generation haben sich die Leute nicht wirklich damit beschäftigt. Ich glaube, es wurde auch viel Schandrede mit dem Organspenden gemacht. So wie das dargestellt wird, ist es in Wirklichkeit gar nicht. Eine Widerspruchslösung würde weniger Wartezeiten und weniger Bürokratie bedeuten. Dadurch könnten mehr Leben gerettet werden und das sollte doch im Interesse aller in der Gesellschaft stehen.“

Das sagen unsere Leser:

KW25 UMF Organspende 2

Andreas Ballonier aus Aschaffenburg: „Ich bin für eine Widerspruchslösung, weil es Leben retten kann und die Menschen sich nicht täglich damit auseinandersetzen, dass man einen Ausweis beantragen muss.“

KW25 UMF Organspende 3

Svenja Ballonier aus Aschaffenburg: „So stünden den Bedürftigen ja grundsätzlich mehr Organe zur Verfügung. Das wäre gut für alle. Finde ich eine gute Lösung.“

KW25 UMF Organspende 4

Gerd und Roswita Mößinger aus Großostheim: „Wir haben einen Ausweis, weil wir das vor vielen Jahren schon gemacht haben. Aber das ist doch eine gute Lösung, weil die Leute auch einfach nein sagen können. Das ist viel einfacher als die jetzige Situation.“

KW25 UMF Organspende 5

Tim Müller aus Hösbach: „Ich bin selber Organspender und ich denke, dass es die Pflicht von jedem sein sollte, anderen Menschen zu helfen. Wer das nicht möchte, hat ja dann die Möglichkeit, nein zu sagen. “

KW25 UMF Organspende 6

Monika Ripperger aus Aschaffenburg:„Ich glaube, es gibt immer noch ein Informationsdefizit und man konfrontiert sich nicht mit der Situation, ob ja oder nein. Dann lässt man die Entscheidung liegen. Und das schadet anderen Menschen. Ich bin aber für diese Lösung.“

KW25 UMF Organspende 7

Rüdiger Niemann aus Aschaffenburg:„Ich weiß, dass viele Menschen auf Organe warten und dass wir in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern eine Wenig-Spende-Kultur haben. Ich bin dafür. “