Droht uns die volle Dröhnung?
BAYER. UNTERMAIN (jm). Die Cannabis-Debatte ist mal wieder in vollem Gange: Kürzlich stellte Gesundheitsminister Lauterbach die Pläne für eine mögliche Legalisierung vor. So soll es beispielswiese Vereine zum gemeinschaftlichen Anbau von Gras geben – ein erster Schritt der Ampelkoalition. Dieser Vorschlag löst allerdings nicht bei allen Jubelschreie aus.
„Macht den Dealer arbeitslos“, fordert Lukas Bohn, Vorsitzender der Jungen Liberalen Aschaffenburg. „Der Schwarzmarkt ist groß und bringt viele Gefahren mit sich, etwa durch die fehlende Transparenz bezüglich der in dem ausgegebenen Produkt befindlichen Substanzen.“ Seine Kollegen aus dem Main-Kinzig-Kreis fordern Hanau als Modellregion für Cannabis-Legalisierung - etwas das sich Bohn auch für Aschaffenburg vorstellen könnte. „Die Modellregionen sollen Chancen und Risiken in den nächsten Jahren für weitergehende Schritte bzgl. der Cannabis-Freigabe austesten“, erklärt der 22-Jährige. „Wer aus Genussgründen einen Joint raucht, sollte nicht als kriminell gelten. Schon gar nicht in einem Land, in dem es möglich ist, ab 16 Jahren Alkohol zu konsumieren.“ Alleine 2020 haben Cannabisdelikte deutschlandweit Polizeikosten in Höhe von 1,63 Milliarden Euro und Gerichtskosten von über 400 Millionen Euro verursacht. „Diese Kosten könnte sich die Bundesrepublik künftig sparen.“ Und nicht nur das: „Durch die Legalisierung könnten Steuereinnahmen von bis zu 3,34 Milliarden Euro generiert werden.“ Die aktuelle Version der geplanten Cannabis-Freigabe geht Bohn allerdings noch nicht weit genug. „Um den Schwarzmarkt konsequent unattraktiv zu machen, muss die Legalisierung größer angelegt werden. Es braucht flächendeckend lizensierte Geschäfte, die Cannabis kontrolliert anbieten.“
Neuer Grenzwert?
Aber was würde sich für uns bei einer Legalisierung ändern? PrimaSonntag trifft Florian aus Aschaffenburg. Er dealt selbst seit einigen Jahren mit kleinen Mengen Cannabis. „Beim aktuellen Plan wird es nur weiter Verbrechen bezüglich dem Konsum geben“, erklärt Florian. „Das wird bei uns sehr asozial geahndet.“ Seiner Meinung nach wird die geplante Regelung auch keine großen Auswirkungen auf den Schwarzmarkt haben. „Den großen Unterschied werden nach wie vor die Preise machen.“ Beim Autofahren gilt in Deutschland aktuell der Grenzwert 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Nicht mehr nachweisbar ist THC im Körper aber selbst nach einmaligem Konsum erst nach etwa einem Monat. Wer in diesem Zeitraum also beispielsweise einen Unfall verursacht und die Polizei eine Blutprobe anordnet, könnte seinen Führerschein zeitweise verlieren, Punkte in Flensburg und eine Geldstrafe sowie zur MPU aufgedrückt zu bekommen. „Aus unserer Sicht müssen bei der Grenzwertfestlegung wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden“, so Alexander Schnaars, Unternehmenssprecher des ADAC. „Ziel dieses Wertes muss es sein, unberechtigte Bestrafungen zu verhindern und dennoch Fahrten unter der Wirkung von Cannabis zu verbieten und zu sanktionieren.“ Grundsätzlich gelte: „Drogen und Autofahren passen nicht zusammen.“ In den Niederlanden, wo der Kauf und Besitz von bestimmten Mengen Cannabis erlaubt ist, gilt eine Straftat, sobald ein Grenzwert von drei Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum nachgewiesen werden kann.
„Kein harmloses Kraut“
In der lokalen Politik gibt es aber auch massive Kritiker an einer möglichen Cannabis-Legalisierung. „Ich bin entschieden dagegen!“, erklärt Martin Stock, Bürgermeister von Sulzbach und Landtagskandidat der CSU. „Cannabis ist kein harmloses Kraut, sondern gefährlich, eine hochpsychoaktive Droge“ Gerade in seiner zehnjährigen Amtszeit als Staatsanwalt und Richter hatte er es regelmäßig mit typischen Biographien von Angeklagten zu tun, deren Cannabiskonsum im Jugendalter als vermeintlich harmlose Einstiegsdroge begann und sich dann schnell ein Suchtverhalten entwickelte, das letztlich zu gravierenden körperlichen und psychischen Gesundheitsschäden führte. „Auch wenn die Legalisierung jetzt nicht mehr so weitreichend kommen soll wie ursprünglich von der Ampel-Koalition geplant - es ist ein Gebot der Vernunft, diese Freigabepläne zu stoppen“, fordert Stock. Auch von den Modellregionen hält er nichts. „Das ganze Konzept ist doch eine einzige Farce aus der Grünen Mottenkiste. Unsere Botschaft gerade an junge Menschen muss lauten: Gesünder leben!“ Wie eine mögliche Legalisierung aussehen könnte, wird also wohl nur die Zukunft zeigen. Das Thema wird allerdings weiter die Gemüter erhitzen. Gegenüber stehen sich: „Macht den Dealer arbeitslos“ und „Keine Macht den Drogen.“
*Name von der Redaktion geändert.
Das sagen unsere Leser:
Ruth Gellert aus Aschaffenburg:
„Ich bin da sehr Zwiegestalten. Denn ich bin der Meinung, dass wenn etwas in der Richtung verboten wird, reizt es nur noch mehr den Konsum an. Auf der anderen Seite habe ich Erfahrungen gemacht, wo Leute mit Drogen in Berührung gekommen sind. Deswegen bleibt Cannabis für mich eine Einstiegsdroge.“
Alex Schwarz aus Aschaffenburg:
„Find ich gut. Wenn die Jugend jetzt nämlich alles legal kaufen kann und nicht mehr bestraft wird dafür, steigt auch die Kriminalität nicht immer weiter.“
Jürgen Sinjari aus Aschaffenburg:
„Find ich sinnvoll, weil Trinken ist schlimmer als Kiffen und wenn das eine legal ist, warum dann nicht auch das Andere legalisieren.“
Pashalina Giouvanakis aus Miltenberg:
„Cannabis? Das geht nicht. Ich bin sowieso eigentlich gegen Drogen. Egal wie. Die Legalisierung kann ich ja jetzt eh nicht ändern. Wenn ich die Welt ändern könnte wäre es ja schön, aber dafür müssen wir zusammen halten.“
Sebastian Rücker aus Schweinheim:
„Muss legalisiert werden. Weil Leute ganz normal arbeiten gehen obwohl sie rauchen. Wenn ich mir jetzt drei Flaschen Vodka reinkippen würde, hätte das viel größere Auswirkungen. Da braucht man diese Menschen nicht für kriminell halten.“
Karl Ernst Atröller aus Schweinheim:
„Da halte ich überhaupt nix davon. Weil ich generell gegen Drogen bin. In meiner Jugend haben viele Freunde sich mal dran probiert und es genossen, aber ich fand das nie gut. Nein weiß Gott nicht.“
Gökhan Danacier aus Aschaffenburg:
„Ja für mich persönlich brauch ich das nicht. Aber allgemein halte ich das für in Ordnung. Es ist für mich halt nicht so ein großes Suchtmittel. Da gibt es andere wie Alkohol und Rauchen. Warum dann nicht Cannabis legalisieren?“
Valerya Skopintseva aus Bessenbach:
„Hab viele Freunde, die sich darüber freuen würden. Also an sich hab ich nichts dagegen. Aber habe ein bisschen Bedenken, dass sich dann auch Minderjährige daran trauen. Bin also noch nicht sicher.“
Anastassiya Skopintseva aus Bessenbach:
„Also ich sag’s mal so. Cannabis hilft ja vielen auch in medizinischer Sicht gegen Schlafstörungen oder Depressionen. Habe einfach Angst, dass sich Jugendliche dann aber in einen Gruppenzwang begeben, ohne sich die Auswirkungen bewusst zu machen.“