„Die sind doch jetzt schon alle überfüllt!“
ALZENAU-WASSERLOS (jm). Die medizinische Versorgung in Deutschland ist schon seit Jahren ein brennendes Thema. Auch bei uns in der Region macht man sich Gedanken um die Zukunft - gerade jetzt, wo es auch neue Entwicklungen am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau gibt. PrimaSonntag hat mit den Verantwortlichen und Lesern über die medizinische Notfall-Situation am Untermain gesprochen.
Spätestens Mitte des Jahres ist Schluss für die Notaufnahme in Wasserlos. Herkömmliche Stationen, wie die der Inneren oder chirurgische Abteilungen, wird es nicht mehr geben. Das Krankenhaus in Alzenau/Wasserlos soll zu einem interdisziplinären ambulanten OP-Zentrum mit fünf Operationssälen und Fachklinik umgebaut werden. Schuld daran ist nicht nur die neue Krankenhausreform, sondern auch das Defizit von 40 Millionen Euro, das das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau im letzten Jahr gemacht hat. Durch die Verlagerung auf den ambulanten Aspekt wird eine Schließung des Standorts in Wasserlos verhindert. Notfallpatienten kommen dann in die umliegenden Krankenhäuser, etwa nach Aschaffenburg, Hanau oder Gelnhausen. Der Main-Kinzig-Kreis rechnet in diesem Zusammenhang mit mehr Notfällen in seinen Kliniken. Drohende Engpässe oder gravierende Probleme sehe man aber nicht, hieß es auf PrimaSonntag-Nachfrage in Gelnhausen. Die Nachricht von der Schließung der Notaufnahme in Wasserlos habe der Main-Kinzig-Kreis auch erst aus den Medien erfahren. Vorab-Konsultationen zwischen den Landratsämtern in Aschaffenburg und Gelnhausen soll es demnach keine gegeben haben. Was der Wegfall der Notversorgung in Wasserlos auf mittlere Sicht für die Kliniken in Gelnhausen und Hanau bedeutet, kann der Kreis im Augenblick nicht einschätzen. Allerdings wachsen vor allem im oberen Kahlgrund die Sorgen, dass schnelle Versorgung im Notfall nicht mehr gewährleistet werden kann.
„Kein Anlass zur Sorge“
Das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau kann die Unsicherheit der Menschen in der Region gut verstehen. „Aber es gibt, vor allem was die schnelle Versorgung der Menschen betrifft, keinen Anlass zur Sorge“, erklärt Annika Hollmann, Sprecherin des Klinikums. Schwere Notfälle, wie beispielsweise Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Polytraumen sind sogenannte Tracerdiagnosen. Die sollen seit 2017 nur noch in großen Notaufnahmen behandelt werden, die personell und apparativ dafür ausgelegt sind. „Das bedeutet konkret: Rettungsdienste dürfen diese Patienten schon seit über sechs Jahren nicht mehr nach Alzenau bringen, da hier nicht der geforderte hohe Versorgungsstandard eingehalten werden kann. Dadurch wird sich in der Behandlung von Patienten mit besonders schweren Notfällen nichts ändern.“ Diese Patienten werden weiterhin nach Aschaffenburg, Hanau oder in eine andere entsprechend ausgestattete Notaufnahme gebracht. „Das Patientenaufkommen in der Alzenauer Notaufnahme ist rückläufig, zeitweise haben nur zwei Patienten in einer Nacht die Notaufnahme in Anspruch genommen. Daher sind wir auch bei diesem Punkt zuversichtlich, dass die Notaufnahmen in der Region gut mit den zusätzlichen Patienten umgehen können.“
In Deutschland herrsche freie Arztwahl. Das bedeutet auch für Patienten egal aus welchem Bundesland, dass sie sich aussuchen können, welche Notaufnahme sie aufsuchen.
Das sagen die betroffenen Leser:
„Ich war nicht oft im Krankenhaus, aber wenn ich da war, dann immer in Wasserlos und ich war immer zufrieden.“
„40 Millionen ist schon ein Haufen Geld, aber fürs Klinikum Aschaffenburg ist das bestimmt irgendwie anders machbar, als uns hier die Notaufnahme wegzunehmen. Ich war erst letztes Jahr dort und auch mit der Behandlung sehr zufrieden.“
„Es wäre besser wirklich besser für den Kahlgrund, wenn wir die Notaufnahme behalten könnten. Sonst müsste ich ja immer nach Hessen oder nach Aschaffenburg fahren. Ich habe immer nur gute Sachen über Wasserlos gehört.“
„Katastrophe, ich habe es immer sehr genutzt, wenn ich krank war. Ich finde es vor allem schade, da ich jetzt schon sehe, dass Aschaffenburg komplett überlastet sein wird. Wasserlos hat so viel abgefangen, eigentlich den kompletten Kahlgrund.“
„Ich finde es schade, dass alles so in den großen Städten zentriert wird. Vor allem für die älteren Leute, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, wird das alles sehr schwer. Die müssen dann eine ganze Tagestour in Kauf nehmen oder man muss ein Fahrzeug rufen, was gar nicht nötig wäre. Das ganze Gesundheitssystem schrumpft so zusammen - schon seit Jahrzehnten.“
„Ich glaube, die Notaufnahmen sind jetzt schon überfüllt und wenn wir nicht mehr nach Wasserlos können, bleibt so nah nur noch Gelnhausen und da sind wir auch schon mal abgewiesen worden. Im wirklichen Notfall, für den das eigentlich sein sollte, bleibt dann nur noch den Krankenwagen zu rufen.“
„Ich finde es schrecklich für uns hier, dass die Notaufnahme geschlossen werden soll. Es ist total angenehm menschlich dort, nicht so wie in einem riesen Teil wie in Aschaffenburg. Weit und breit hat man keine so schnelle und lokale Notfallversorgung gehabt.“