Die Rosenkriege werden immer heftiger
ASCHAFFENBURG (ps). Gegenseitige Anfeindungen, Geschrei im Gerichtssaal oder friedliche Gespräche, in denen jeder nur das Beste für den Partner will - Scheidungen haben viele Gesichter. Marita Korn-Bergmann hat als erfahrene Anwältin für Familienrecht in Aschaffenburg schon vielen Paaren zur Seite gestanden, für die es kein „Wir“ mehr gibt.
Das Statistische Bundesamt belegt es: Seit Jahren geht die Zahl der Scheidungen immer weiter zurück. Während im Jahr 2000 noch jede zweite Ehe geschieden wurde, war es 2023 immerhin nur noch jede dritte. Laut einer aktuellen Studie des Bayerischen Landesamts für Statistik ging die Scheidungsrate in Bayern um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Mehr als die Hälfte der geschiedenen Ehepaare hatte mindestens ein gemeinsames Kind unter 18 Jahren. „Es ist schwierig zu sagen, warum sich weniger Leute scheiden lassen. Interessant ist aber, dass die Leute heutzutage auch viel später heiraten“, erzählt Marita Korn-Bergmann. Im Durchschnitt heiraten Frauen in Deutschland mit 33, Männer sogar erst mit 35 Jahren. Über die Gründe für den Rückgang der Scheidungen lässt sich nur spekulieren - vielleicht hat die aktuelle wirtschaftliche Lage damit zu tun oder die Eheleute achten einfach mehr aufeinander. Wenn es dann doch zur Scheidung kommt, bleibt das friedliche Miteinander häufig auf der Strecke, wie die Aschaffenburger Anwältin berichtet.
Sucht, Sorgen, Seitensprung
„Die
meisten Menschen, die sich scheiden lassen, möchten keinen Rosenkrieg.
Gerade, weil viele selbst Scheidungskinder waren und wissen, was das mit
einem Menschen machen kann. Das klappt nur leider in vielen Fällen
nicht.“ Grund dafür seien starke Emotionen wie Wut und Frust, sowie
mangelnde Bereitschaft, den Standpunkt des Partners einzunehmen und
miteinander zu sprechen. Dass die Gefühle bei einer Scheidung mal
überkochen und in Vorwürfe oder Beleidigungen ausarten, ist
verständlich. Vor allem dann, wenn vor der Trennung fremdgegangen wurde
oder eine der Parteien ein Suchtproblem hat. „Die häufigsten
Scheidungsgründe sind fehlende Kommunikation, ein Seitensprung oder
finanzielle Sorgen. Gewalt in der Partnerschaft und Suchtprobleme wie
Alkoholabhängigkeit kommen auch oft vor. Das kann der Partner irgendwann
nicht mehr ertragen.“
Rosenkrieg muss nicht sein
Dass
die Zahl der Scheidungen seit Jahren zurückgeht, ist eine erfreuliche
Nachricht. Marita Korn-Bergmann beobachtet aber auch, dass
Streitigkeiten heutzutage eher eskalieren. „Wenn dann mal gestritten
wird, dann härter. Der Streit ist häufig viel emotionaler und
abwertender - außerdem wird er von manchen Anwälten auch noch
angefeuert.“ Vor allem dann, wenn es um das Sorgerecht geht, falle der
friedliche Umgang häufig schwer. „Es ist eine Gratwanderung. Man muss
aufeinander zugehen und auch mal den Standpunkt des anderen einnehmen,
trotz Wut und Enttäuschung. Schuldsuche und gegenseitige Vorwürfe
bringen einen nicht weiter.“ Eine Scheidung ist oft schon schwer genug,
sie muss nicht auch noch zum (Rosen-)Krieg ausarten.
Das sagen die Leser:
Anja Ziemlich aus Sulzbach:
„Ich hab eine sehr gute Ehe und finde, man sollte mehr zusammenhalten, eben mehr miteinander reden. Meine Tipps für 22 verheiratete Jahre: Treue, Vertrauen, ehrlich sein, Verständnis haben, mit Liebe aneinander festhalten.“
Roland Fuchs aus Aschaffenburg:
„Ich erlebe es bei jungen Menschen eher andersrum, da werden Beziehungen eingegangen, die sind so oberflächlich. Schön, wenn sich die Menschen wirklich dazu entscheiden, sich zu binden und auch zusammen bleiben. Eine Beziehung ist nicht irgendetwas Austauschbares.“
Thomas Schwinger-Caspari aus Kleinwallstadt:
„Aufeinander zugehen und miteinander an der Beziehung arbeiten, sonst geht das nicht. Es gibt, wie immer, im Leben Höhen und Tiefen und die muss man bewältigen und es natürlich wollen!“
Phillipp und Sarah aus Aschaffenburg:
„Vielleicht heiraten nicht so viele?! Wir sind beide geschieden. Oder vielleicht sind auch viele in die zweite Ehe rein? Manchmal lohnt es sich auch, es noch mal zu probieren. Bei uns auf jeden Fall!“
Mustafa aus Aschaffenburg:
„Weniger Scheidungen? Ich hab mich scheiden lassen. Das ist, glaube ich, auch die wirtschaftliche Lage, dass die Leute halt auch ein bisschen zusammenhalten finanziell. Hauptgrund für eine Scheidung ist das verheiratet sein.“
Angelika und Walter Krautwurst:
„Wir sind 60 Jahre verheiratet und Scheidung haben wir eigentlich noch nie im Sinn gehabt. Wir wollten auch mal davon rennen, aber nicht so weit und da sind wir wieder zurück. Vielleicht, wenn’s den Leuten bisschen schlechter geht, bleiben sie doch eher zusammen.“
Gerda Melle aus Mainaschaff:
„Weniger Scheidungen?! Ich hätte gedacht mehr. Vielleicht lieben sie sich mehr? Verheiratet bin ich seit 60 Jahren. Das Geheimnis einer Ehe - soll ich ehrlich sein? Mal muss man kämpfen und dann muss man sich auch wieder vertragen.“