„Die Mutter ist eine Produktionsmaschine“
+++ Sechs Golden Retriever Welpen jetzt im Tierheim Aschaffenburg +++ Was steckt hinter der Hundemafia? ++
BAYER. UNTERMAIN (kh). Vor einigen Tagen hat der Zoll bei einer Routinekontrolle in Rodgau sechs Hundewelpen gefunden, die nicht einmal acht Wochen alt sind. Die völlig verwahrlosten Golden Retriever-Babys befanden sich in einem rumänischen Kleintransporter. Die Zollbeamten brachten die Welpen dann zum Aufpäppeln ins Tierheim nach Aschaffenburg. Ein ganz zufälliger Fund von illegalem Welpenhandel also - jedoch kein Einzelfall. Erst im vergangenen Jahr wurde das Tierheimpersonal nach einem aufgedeckten 90-Tiere-Transport von den Händlern terrorisiert. Die Golden Retriever-Welpen sind jetzt immerhin in Sicherheit - aber ihre Mutter muss weitermachen. Was kann man tun, um den Handel zu stoppen?
In den vergangenen zehn Jahren wurden mehr als 1.400 Fälle von illegalem Tierhandel bekannt, dabei wurden knapp 21.000 Tiere illegal transportiert! Grob überschlagen wurde also jeden 3. Tag ein Fall von illegalem Tierhandel in Deutschland aufgedeckt. Bayern hat allein im letzten Jahr mit 45 Prozent den größten Anteil an bekannten Fällen von Welpenhandel in ganz Deutschland, so die Auswertung des Deutschen Tierschutzbundes. Dabei ist die Dunkelziffer sogar noch deutlich höher. Auch die Tierschutz Organisation „Vier Pfoten" zieht für die erste Hälfte 2024 eine traurige Bilanz: Über 500 Tiere wurden Opfer illegalen Handels. Die bevorzugten Rassen dabei sind Zwergspitz, Malteser, Französische Bulldogge und Pudel. In den meisten Fällen sind die Welpen dabei viel zu jung oder krank (30% aller Tiere sind unter 8 Wochen und 90% mit Krankheitsanzeichen). „Wer gewerbsmäßig in Deutschland mit Hunden handelt oder Hunde züchtet, bedarf ebenso einer Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz, wie Händler, die Tiere aus dem Ausland nach Deutschland einführen und diese hier verkaufen oder vermitteln. Liegt diese Erlaubnis nicht vor, findet der Handel beziehungsweise die Vermittlung illegal statt und ist strafbar. Bislang liegen die Strafen zwischen 5.000 und 25.000 Euro“, so die Polizei Unterfranken.
„Solche Tiere sind immer ein Überraschungspaket“
Vor einer Woche klingelte in Aschaffenburg das Telefon. Das Veterinäramt Offenbach hatte soeben die sechs kleinen Golden Retriever Welpen beschlagnahmt. Alexandra Kieser, stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Aschaffenburg, war gerade vor Ort: „für die Behörden ist es immer schwierig, überhaupt noch einen Platz im Tierheim zu finden - da haben wir schnell zugesagt. Gegen Mittag kamen dann die sechs Jungs zu uns, sie haben so herzzerreißend gejault und haben bestialisch gestunken. Nach der ersten Untersuchung mussten wir sie erstmal waschen, weil alles verklebt war von Urin und Kot.“ Die Welpen kamen völlig dehydriert, ziemlich dünn und panisch ins Tierheim Aschaffenburg. Sie sind viel zu früh von ihrer Mama getrennt worden, haben keine Impfungen und waren auf keinen Fall transportfähig. Das Zollamt aus Darmstadt berichtet auf PrimaSonntag-Nachfrage: „In diesem Fall wurde bei einer Routinekontrolle der Transport von sechs Hundewelpen innerhalb der EU festgestellt.
Bei der Kontrolle gab es den Verdacht, dass hier Verstöße gegen das Tiergesundheits- oder Tierseuchenrecht vorlag.“ Die Vermutung liegt auch sehr nahe, dass es keine reinrassigen Golden Retriever sind, wie man sich das im Internet vielleicht bestellt hat, weil sie teilweise weiße Pfoten haben. „Solche Tiere sind immer ein Überraschungspaket, da weiß man nicht genau, unter welchen Umständen die Hunde vermehrt werden. Ich will gar nicht wissen, in welchem Verschlag die Mutter da noch liegen muss. Sie dient da nur als Produktionsmaschine, bis sie irgendwann nicht mehr kann…“, so Kieser.
Die Goldies waren kein Einzelfall
Im vergangenen Jahr schon wurde ein Van - angehalten mit über 90 Welpen übereinandergestapelt. Sie wurden nach einer Autopanne im Vogelsbergkreis von der Polizei entdeckt. Hier konnte das Veterinäramt leider nur drei Babys beschlagnahmen, die viel zu jung waren. „Wenn die Welpen gefälschte Papiere haben, hat man keine Chance, dem ein Ende zu setzen. Die drei Welpen haben auch nur ihre Zeit bei uns abgesessen, dann haben uns die Händler terrorisiert, um sie wieder zu holen. Unseren Tierpflegern wurde ein enormer Druck gemacht und die Fahrer waren aggressiv, um diese Hunde wieder zu bekommen.“ In diesem Fall handelte es sich um einen Durchgangstransport von Ungarn nach Belgien. Hier greift dann Europäisches Recht, weswegen bei Vorlegen von Papieren nix machbar ist. „Wir mussten die Welpen einfach wieder zurück nach Ungarn geben, wo sie wahrscheinlich zu neuen Produktionsmaschinen werden. Die sind ja nur interessant, solange sie klein und niedlich sind. Wir brauchen strengere Gesetze, um den illegalen Welpenhandel zu stoppen. Der Internethandel mit Tieren sollte meiner Meinung nach generell verboten werden.“
Das sollte man beim Hundekauf beachten:
- Vorsicht bei Onlineportalen!
- Keine Hunde an zwielichtigen Orten kaufen.
- Notieren Sie ein verdächtiges Autokennzeichen.
- Den Kaufvertrag prüfen, gerade wenn Vorab-Zahlungen laufen.
- Die Hunde erst im Alter von mindestens 8 Wochen kaufen. Hunde, aus dem EU-Ausland müssen mindestens 15 Wochen alt sein.
- Auf notwendige Impfungen, aktuellen EU-Heimtierausweis und Chippen des Welpen achten.