"Die Kluft zwischen den Fronten wird größer"
BAYER. UNTERMAIN/ISRAEL/GAZA (jm). Die Welt hält den Atem an und blickt schockiert auf die Geschehnisse in Israel und dem Gazastreifen. Der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Zahlreiche Menschen verschiedener Nationen fielen den Angriffen zum Opfer. PrimaSonntag hat den Goldbacher Autor und Israel-Palästina-Experten Johannes Zang getroffen und über die Geschehnisse im Nahen Osten gesprochen.
Johannes Zang lebte mit Unterbrechungen fast zehn Jahre in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten. Erstmals ging es für den Goldbacher 1985 nach Israel. Dort lebte er mehrere Monate in einem Kibbuz und arbeitete als Zitronenpflücker. „Ich habe erfahren, dass man jetzt dort nach einem Massaker 108 Leichen gefunden hat.“ Die Stadt Aschaffenburg verurteilte die Angriffe aufs Schärfste: „Wir hoffen auf ein schnelles Ende des Blutvergießens und auf eine zeitnahe Rückkehr des Friedens“, so Rathaus-Chef Jürgen Herzing und Dr. Josef Pechtl, Vorsitzender des Förderkreises „Haus Wolfsthalplatz“ zur Bewahrung des jüdischen Erbes in Aschaffenburg. Eigentlich wollten Schüler des Dalberg-Gymnasiums ihre Partnerschule, die Rabin High School in Kfar Saba bei Tel Aviv, besuchen. „Wir sind in Gedanken bei den Schülern und Lehrkräften der Rabin High School“, so Herzing und Pechtl weiter.
Bestialität der
Massaker schockt
Johannes Zang war auch in den frühen 2000ern vor Ort und erlebte in Betlehem die zweite Intifada mit. „Gerade in meiner Anfangszeit war der Konflikt auch schon präsent, aber kaum spürbar.“ Damals konnten die Palästinenser jederzeit die Grenze überqueren, in den 90ern wurden dann Passierscheine eingeführt. „Seit Ende des letzten Jahres ist die neue, streng religiöse Regierung im Amt. Zwei ultrarechte Minister, die selber Siedler sind, sitzen jetzt auf zentralen Posten.“ Als israelische Siedlung werden Städte und Dörfer in jenen israelisch besetzten Gebieten im Westjordanland und Ost-Jerusalem bezeichnet, die außerhalb der Waffenstillstandslinie liegen. „Die Palästinenser hatten bis vor dem Angriff schon über 200 Tote zu beklagen gehabt.“ Die Gewalt von Siedlern gegenüber den Palästinensern habe in diesem Jahr massiv zugenommen. „Sie haben Ernte gestohlen, Traktoren beschädigt, Brunnen vergiftet oder palästinensisches Vieh getötet. Viele Experten und auch ich haben sich in den letzten Wochen gefragt: Wie lange wird das noch so hingenommen?“ Diese konkreten Vorwürfe lassen sich nur schwer unabhängig bestätigen. Von den tatsächlichen Angriffen und Attacken am vergangenen Wochenende war aber auch Zang sehr überrascht. „Die Intensität, Brutalität und Bestialität der Massaker seitens der Hamas hat mich natürlich sehr schockiert. Dass es so explodiert, hätte ich nicht gedacht und auch viele in Israel und Palästina nicht.“
Alleine an der Klagemauer
Seine Kontakte vor Ort befinden sich überwiegend in Sicherheit. „Ein deutscher Bekannter war vor ein paar Tagen alleine an der Klagemauer - der heiligste Ort des Judentums. Da sind normalerweise Tag und Nacht Hunderte von Menschen.“ Große Angst hat Johannes Zang vor der weiteren Spaltung. „Manch Israeli wird sagen: ‚Lasst uns den Gazastreifen platt machen‘. Die Kluft, die zwischen den beiden Fronten vorher schon da war, wird jetzt natürlich nur noch größer.“ Eine Prognose für die Zukunft zu stellen, fällt dem Goldbacher schwer. „Israel geht da jetzt mit der Luftwaffe vor. Stündlich kommen Tote dazu - Kinder, Frauen, unbeteiligte Zivilisten. Ich beschäftige mich zu lange mit dem Thema, als dass ich mich trauen würde, etwas zu prognostizieren.“ Man sei zu oft enttäuscht worden. „Es braucht eine neue Führung auf beiden Seiten mit klugen und weitsichtigen Köpfen. Ich wünsche mir aber auch wirklich, dass der Rest der Welt nicht mehr wegschaut.“ Anfang November wollte Zang für sein neuestes Buch eigentlich wieder nach Israel und Palästina reisen. „Das Land hat alle Zutaten für das Paradies. Wasserfälle, Täler, Meer, wechselnde Landschaftsformen und eine Vielfalt an Religionen, Sprachen und Traditionen.“
Eine Prognose für die Zukunft zu stellen, fällt dem Goldbacher schwer. „Israel geht da jetzt mit der Luftwaffe vor. Stündlich kommen Tote dazu - Kinder, Frauen, unbeteiligte Zivilisten. Ich beschäftige mich zu lange mit dem Thema, als das ich mich trauen würde, etwas zu prognostizieren.“ Man sei zu oft enttäuscht worden. „Es braucht eine neue Führung auf beiden Seiten mit klugen und weitsichtigen Köpfen. Ich wünsche mir aber auch wirklich, dass der Rest der Welt nicht mehr wegschaut. Viele westliche Politiker der letzten Jahre tragen eine Mitschuld.“ Anfang November Johannes Zang für sein neuestes Buch eigentlich wieder nach Israel und Palästina reisen. „Das Land hat alle Zutaten für das Paradies. Wasserfälle, Täler, Meer, wechselnde Landschaftsformen und eine Vielfalt an Religionen, Sprachen und Traditionen.“