„Die Fastnacht ist ‘ne ernste Sach´“
WEIBERSBRUNN/NIEDERNBERG (jm). Faschingssaison ist im vollen Gange, aber die richtig närrischen Tage stehen erst kurz bevor! Egal ob feuchtfröhliche Umzüge oder spektakuläre Faschingssitzungen - auch am Untermain wird es jetzt so richtig närrisch. PrimaSonntag hat mit zwei Fastnacht-Urgesteinen aus der Region über die fünfte Jahreszeit gesprochen.
Zum Fasching kam Bernd Friedrich schon vor langer Zeit über seinen Heimat-Fußball-Verein Rot-Weiß Weibersbrunn. „Wir haben dann beim Fasching den lustigen Part mit dem Männerballett veranstaltet“, erklärt der 66-Jährige. „Da schmunzelt man gerne darüber, aber das ist schon eine anstrengende Geschichte.“ Von da an war seine Leidenschaft für die Fastnacht geweckt. „Ich sage immer wieder, dass ich bei Fasching an die ehrenamtliche Tätigkeit denke. Die Vorbereitungen und Garden nehmen eigentlich das ganze Jahr in Anspruch.“ 2002 gründete er in Weibersbrunn mit „Die Krocke“ seinen eigenen Fastnachtsverein. Mittlerweile ist er sogar Ordenskanzler des Fastnacht-Verbands Franken - eine Aufgabe, die einiges an Zeit in Anspruch nimmt. Seit 19 Jahren reist der Weibersbrunner durch ganz Franken, überreicht die Fastnachts-Orden und betreut die Vereine. „Gerade in der Saison muss ich eigentlich jeden Tag Mails und Anrufe beantworten. Letzte Woche war ich am Mittwoch in Würzburg, am Donnerstag in Kitzingen, freitags auf einer Sitzung, samstags beim ACV in Aschaffenburg und eine Woche davor sonntags bei der Stadtgarde.“ Dabei schrubbt Friedrich mit seiner Tätigkeit im Jahr einiges an Kilometern zusammen. Eine Aufgabe, die ihm große Freude bereitet, aber „zur nächsten Wahl stelle ich mein Amt zur Verfügung.“ Zukünftig möchte er mehr reisen, den Fokus auf andere Projekte lenken und die verbleibende Zeit seiner Familie widmen.
Von Prinz Dampf und Geheimtreffen im Wald
In so einer langen Zeit sammeln sich natürlich auch einige Erlebnisse an. „Die Prinzenpaare müssen vor der Kampagne geheim bleiben, damit es am Tag X eben auch eine Überraschung ist. Mit dem allerersten Prinz habe ich mich nachts im Wald getroffen. Sackdunkel war das, wir haben uns mit Taschenlampen verständigt.“ Ein anderer Prinz war starker Raucher. „Kurz bevor wir rein mussten, hatte er schon wieder eine Zigarette im Mund. Und dann hat er die Lunte mit einem Zug runtergezogen. Ihn nannten wir Prinz Dampf.“ Ein anderes Mal wurde ein Pagenmädchen vergessen. „Sie hatte sich, während Prinz und Prinzessin auf der Bühne waren, in einen jungen Mann verguckt gehabt. Die beiden waren dann zusammen unterwegs, wir dachten allerdings, sie wäre im anderen Auto. Zuhause angekommen, stellten wir fest, dass das Mädel immer noch in Aschaffenburg war. Wir hatten sie vergessen“, lacht Friedrich. Hierbei handelt es sich nur um eine Handvoll Geschichten, die der 66-Jährige in den Jahren erlebt hat. Für seine langjährige Tätigkeit wurde Bernd Friedrich im letzten Jahr mit dem „Till von Franken“ in Gold, einer ganz besondere Auszeichnung, geehrt. Die Fastnacht sieht er auch zukünftig in guten Händen. „Ich sehe ganz viele junge engagierte Menschen, die sich jedes Jahr viele Gedanken machen. Jetzt sind auch mal die Jungen dran, ihre Vorstellungen umzusetzen.“
„Eine ernste Sache“
Ein Stück weiter im Westen liegt eine andere Faschingshochburg. In Niedernberg prägt Walter Wagner seit mittlerweile mehr als 40 Jahren die Fastnacht. „Meine Altersgenossen und ich haben uns in unserer Jugend tagelang köstlich amüsiert“, erinnert sich der 74-Jährige an seine Anfänge im Fasching. „Es war immer locker und sehr unbeschwert.“ 1987 wurden Wagner und sein Frau dann sogar Prinzenpaar. „Ab da hatte ich dann auch gewisse Verpflichtungen bei der Fastnacht. Man sagt ja auch immer: Die Fastnacht ist eine ernste Sache! Es war aber eine tolle Zeit.“ In den Folgejahren wird der Niedernberger vor allem für seine Büttenreden und Lieder bekannt. Da konnte ihn auch die Corona-Pandemie nicht bremsen. „Da habe ich halt daheim im Wohnzimmer meine Rede vorgetragen und ins Internet gestellt.“
Die nächste Generation
Walter Wagner ist Fastnachter mit Leib und Seele - allerdings hat sich aus seiner Sicht der Fasching in Niedernberg verändert. „Über die närrischen Tage ist es schon ruhiger geworden als früher, das kommt auch durch die vielen Zuzüge in Niedernberg. Manche springen auf den Fastnacht-Zug auf, andere können damit halt nichts anfangen. Es ist zwar schade, aber immerhin waren wir in der Zeit, als es noch anders war, dabei.“ In seinem Freundes- und Bekanntenkreis wird entgegen dem allgemeinen Trend auch heute noch kräftig die Faschingszeit genossen. In diesem Jahr ist Walter Wagner mit seiner Frau das Seniorenprinzenpaar - ihre Tochter und ihr Mann sind das aktuelle Prinzenpaar, deren Sohn David ist Kinderprinz. Quasi die nächste Faschings-Generation.