Der nächste deutsche Boxweltmeister?
„Mein Bruder und ich haben uns immer viel geschlagen. Unser Vater hat uns dann Handschuhe gegeben und gemerkt, dass wir daran richtig Spaß haben“, erinnert sich Noah Fischer, als wir ihn im Box-Raum in der TuS Leider-Halle treffen. Der gebürtige Niedersachse pendelt immer wieder an den Untermain zum Training. Trainiert wird er von Jakob Sawatzki aus der Boxabteilung des TuS. Sawatzki ist seit 28 Jahren im Boxgeschäft, hat selbst Nationalmannschaft geboxt und als Trainer mehrere Deutsche Meister rausgebracht. Die beiden kennen sich seit fast zehn Jahren. Das erste Mal hat er Noah auf ein Boxturnier in Rumänien mitgenommen, das sein Schützling auch prompt gewann. Mittlerweile sind die beiden fast unzertrennlich, mit Jakobs Tochter ist Noah seit fünf Jahren liiert. „Jakob hilft mir überall. Er ist schon eine Vaterfigur für mich. Ich bin ihm sehr dankbar“, erzählt Fischer. Gemeinsam wollen sie in den Box-Olymp. Den Grundstein dafür hat das Duo in den letzten Jahren bereits gelegt: 185 Kämpfe, 170 Siege. So lautet die beeindruckende Amateurbilanz von Fischer. Seine ersten beiden Profikämpfe lassen auf Größeres hoffen.
Zu Gast bei den Großen
„Die größten Unterschiede sind die Rundenanzahl und die Intensität - und natürlich die Zuschauer“, erzählt Fischer. Während man beim Amateurboxen nur drei Mal drei Minuten kämpft, kann es bei den Profis auch mal bis an die zwölf Runden gehen. Der 1,81-große Faustkämpfer tritt im Superweltergewicht an. Seine ersten beiden Profikämpfe dominierte Fischer von Anfang bis Ende. Am letzten Wochenende dauerte es nicht lange: Nach einer Minute und 47 Sekunden schickte Fischer seinen Kontrahenten auf die Bretter: ein Blitz-K.o.! „Mein 16-jähriges Ich hätte wahrscheinlich gesagt: ‚Das ist das krasseste Gefühl überhaupt‘, aber mittlerweile denke ich halt, dass das einfach mein Job ist.“ Aktuell sind sie auf der Suche nach einem neuen Kampf. Am besten noch vor Jahresende, sodass vielleicht ein Platz unter den Besten 400 der Welt rausspringt. Bisher macht das Gespann noch alles selbst. Einen festen Vertrag in Deutschland will Fischer nämlich noch nicht unterschreiben. Der erste Profivertrag soll aber bald her. Und dafür soll es über den großen Teich gehen: „Ich war Anfang des Jahres schon für einen Monat in Las Vegas und habe dort Sparring gemacht. Das hat mir viel Spaß gemacht und auch gezeigt, dass ich in der obersten Liga mitspielen kann. Der Hunger ist noch ein bisschen mehr geworden.“ In „Sin City“ war der 23-Jährige in einigen der bekanntesten Box-Gyms des Landes zu Gast - auch in dem von Floyd Mayweather, seinem großen Vorbild. „Auch wenn er mein Idol ist, würde ich gerne gegen ihn kämpfen. Das wäre mein größter Traum.“
Mit etwas Glück
bis in den Box-Olymp
In Zukunft soll es dann für die Kampfvorbereitung regelmäßiger nach Amerika gehen. Rund drei Monate dauert das Training für einen großen Kampf. Die ersten beiden wird viel Ausdauer und Kraft trainiert sowie der Gegner studiert. „Im letzten Monat kommt dann die harte Phase. Viel Sparring, viel Pratzenarbeit. Die Vorbereitung ist meistens härter als der Kampf“, so Fischer. Sechs Uhr aufstehen, drei Trainingseinheiten am Tag. Das ganze Leben des 23-Jährigen ist aktuell auf den Boxsport ausgelegt. Coach Sawatzki traut ihm Großes zu: „Noah ist charakterlich ein sehr guter Mensch. Im Ring ist er eine absolute Maschine. Er ist sehr fleißig und hat für sein Alter schon sehr viele Erfahrungen gesammelt. Wenn er Glück hat - was man im Profibereich auf jeden Fall braucht - kann er sehr weit kommen.“ Eine gute Promotion wäre ausschlaggebend. Alter, Boxstil und der Name seien gute Voraussetzungen für eine große Boxkarriere. Unter „Rookie-Fischer“ steigt er aktuell in den Ring. Zu seinen Stärken gehören seine Anpassungsfähigkeit, er kann sowohl Links- als auch Rechtsauslage boxen. Ein großer Antrieb sind für ihn die Menschen, die ihn unterstützen und bei Kämpfen zuschauen sowie die Aussicht auf ein besseres Leben. Die Ziele, die er sich gesteckt hat, haben keine Grenzen: „Wir haben gefühlt seit Ewigkeiten keinen richtigen Weltmeister mehr. Ich will, dass Deutschland wieder einen Boxweltmeister hat.“ Der junge Boxer will den Sport bei uns wieder populärer machen. Bis er 24 ist, will er Juniorenweltmeister werden. Längerfristig gesehen, greift er nach den Sternen: „Ich will mindestens in zwei Gewichtsklassen drei Gürtel haben und dann mit 31 als Nummer eins aufhören. Am liebsten ungeschlagen.“