„Da brauchen wir einen Sahnetag!“
KLINGENBERG-TRENNFURT/LEIPZIG (mg). Die Fußballkarriere von Sebastian Heidinger ist nicht von schlechten Eltern: Der Trennfurter durchlief die Jugendabteilungen von Viktoria Aschaffenburg und Bayern München, bevor er mit RB Leipzig seine erfolgreichste Zeit als Aktiver erlebte. Nach seiner Karriere zog es ihn wieder zu den Sachsen, bei denen er mittlerweile Cheftrainer der U19 ist. Am Mittwoch steht wohl das wichtigste Spiel seiner noch jungen Trainerkarriere bevor. Die Vita seines Gegenübers ist dabei aber nicht außer Acht zu lassen…
„Es ist natürlich immer eine Riesensache, wenn da jemand steht, der schon so erfolgreich als Spieler war und jetzt auch als Trainer einen super Fußball spielen lässt“, so Sebastian Heidinger über Alvaro Árbeloa. Der Spanier war langjähriger Rechtsverteidiger von Real Madrid - seines Zeichens Welt- und Europameister sowie Champions League-Sieger - und trainiert zurzeit die A-Junioren der Königlichen. In wenigen Tagen kommt es im Achtelfinale der Youth League, sozusagen der Junioren Champions League, zum Aufeinandertreffen der beiden Trainer mit ihren Mannschaften. Doch auch Heidinger muss sich nicht verstecken: Als Spieler feierte er mit Leipzig Aufstiege in die dritte Liga und die zweite Bundesliga. Nach seinem Karriereende Anfang 2020 übernahm er den Posten als Co-Trainer der Leipziger U19. Im September letzten Jahres bekam er die Gesamtverantwortung für die Jungbullen übertragen - Dass diese Entscheidung die richtige war, stellt er seitdem unter Beweis.
Geschichte geschrieben
In der A-Jugend-Bundesliga Nord/Nordost steht man aktuell auf dem vierten Rang. Im Meisterschaftsrennen kann man hier wohl nicht mehr mitreden - dafür wird es auf europäischer Ebene umso spannender. Ein souveräner zweiter Platz hinter Manchester City sorgte dafür, dass Leipzig erstmals in der Vereinsgeschichte die Gruppenphase der Youth League überstand und sich für die Play-offs qualifizierte. Dort wurde es dann dramatisch: Gegen Midtjylland sah es lange so aus, als würden die Sachsen den Kürzeren ziehen, doch ein Treffer in der letzten Sekunde rettete das Heidinger-Team ins Elfmeterschießen. Vom Punkt aus machten die Leipziger dann das Achtelfinale klar. Und hier wartet jetzt eben Real Madrid. Die Madrilenen spielen durchweg in allen Jugenden das gleiche System und haben, vor allem auf den Außenpositionen, eine außergewöhnliche individuelle Klasse. „Es wird uns auf jeden Fall nochmal eine Stufe mehr erwarten. Da brauchen wir schon einen Sahnetag.“ In der Youth League gibt es nämlich nicht, wie bei den Herren, Hin- und Rückspiel, sondern nur eine Entscheidungspartie. Und für die Leipziger findet die am Mittwoch in Madrid statt.
Jugendfußball
im Wandel
„Das Niveau ist natürlich sensationell hoch. Es ist jedes Jahr ein Highlight, hier mitzuspielen, und jetzt schon ein Riesenerfolg für den ganzen Verein“, spricht Heidinger über die Youth League. Generell hat sich das Niveau im professionellen Jugendfußball in den letzten Jahren unheimlich gewandelt. Als Heidinger selbst noch bei Bayern München im Nachwuchs kickte, gab es noch keine großen Nachwuchsleistungszentren. „Mittlerweile wird die Individualisierung und die Begleitung neben dem Rasen viel größer geschrieben“, berichtet der 38-Jährige. Durch seine Erfahrungen als Spieler kann er sich gut in die Köpfe seiner Jungs hineinversetzen. „Ich hab in meiner Karriere sämtliche Dinge mitgemacht. Ich weiß, was es heißt, Stammspieler zu sein, mal Ersatzspieler zu sein oder auch einfach nicht mehr gewollt zu sein und den Verein verlassen zu müssen. Da kann ich aus einem ganz anderen Erfahrungsschatz schöpfen und mit den Jungs auf Augenhöhe sprechen.“ Denn besonders die Arbeit als Jugendtrainer ist im Profigeschäft nicht zu unterschätzen. Man spricht in der Regel von drei Prozent, die es vom Nachwuchs in die Profis schaffen. „Wir bilden hier für einen Champions League-Verein aus. Da ist der Sprung wirklich wahnsinnig groß. Da ist es einfach so, dass es nur die wenigsten schaffen.“ Gerade der menschliche Aspekt der Arbeit ist also nicht zu unterschätzen. Auf dem Feld will das Trainertalent mit seinem Fußball begeistern: „Wir gehen eigentlich komplett weg von Grundordnung und Formation und versuchen, ihnen alles Mögliche, was es heutzutage im modernen Fußball gibt, beizubringen. Es geht mehr um eine Art und Weise Fußball zu spielen: Attraktiv und offensiv, mutiges Attackieren, aktiv mit und gegen den Ball.“ Das setzt sich hoffentlich auch Mittwochabend auf dem Platz um - im bisher größten Spiel in der jungen Trainerkarriere von Sebastian Heidinger.