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"Bitte betet für uns!"

12.02.2023, 06:30 Uhr in PrimaSonntag
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BAYER. UNTERMAIN (jm). Es sorgte für Entsetzen, Schrecken und eine Welle der Anteilnahme und Solidarität - die verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Mittlerweile sind es weit über 20.000 Tote (Stand Redaktionsschluss), die aus den Trümmern geborgen wurden und es werden immer mehr - darunter auch zahlreiche Kinder. In PrimaSonntag sprechen Betroffene aus der Region über die Erfahrungen ihrer Verwandtschaft und Lieben in den betroffenen Gebieten.

„Ich kann nur beten und hoffen“, erzählt Nazli Özcetin. Ihre Familie kommt ursprünglich aus dem türkischen Antakya, lebt aber jetzt in Waldaschaff. Ihre Eltern hielten sich gerade in der Heimat auf. „Das letzte Mal habe ich mit ihnen am Sonntagabend gesprochen“, erklärt Nazli. In der darauffolgenden schicksalhaften Nacht um halb vier erhält ihr Mann einen Anruf. „Ich habe mir dabei zunächst nichts gedacht“, erinnert sich Nazli. „Ich dachte, es sei vielleicht ein Arbeitskollege.“ Schnell wird ihr allerdings klar, dass hier etwas überhaupt nicht stimmt. „Meine Schwester war am Telefon, sie hatte auf Facebook gelesen, dass es in unserer Heimat ein Erdbeben gegeben habe. Sie konnte Mama und Papa nicht erreichen.“ Auch auf Nazlis Anrufe kommt keine Antwort - die Waldaschafferin ist verzweifelt. „Seitdem habe ich nicht mehr geschlafen. Ich weiß gar nichts.“ Auch ihre Tante aus Goldbach ist zum Zeitpunkt des Bebens in Antakya. „Sie hat gesagt, dass das Haus schlimm aussieht und dass meine Eltern unter den Trümmern begraben liegen. Aber es kommt keiner zu Hilfe.“ Kurz darauf wird auch der Kontakt zu ihrer Tante weniger. „Sie hatte Angst und ihr war kalt, sie hatte keine Schuhe.“ Dann der nächste Schock: Nazlis Cousin schickt ihr ein Video von einem Auto begraben unter Schutt – das Auto hat ein Aschaffenburger Kennzeichen, es ist das Auto ihres Vaters.

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Dramatische Bilder aus Antakya

Schnee hindert Hilfe
In unserer Region gibt es noch viele weitere Menschen, die Familie in den betroffenen Gebieten haben und seit Tagen um ihre Liebsten bangen. „Ich habe Familie mütter- und väterlicherseits in den stark betroffenen Gebieten“, erzählt Mustafa Senpinar. „Aktuell ist zum Glück noch keinem etwas passiert.“ Allerdings stehen einige seiner Familienmitglieder jetzt vor großen Problemen. „Beispielsweise meine Oma muss aktuell in einem Container leben.“ Besonders groß ist die Angst vor Nachbeben, umso schlimmer für die Angehörigen, dass der Kontakt in die Türkei sich momentan mehr als schwierig darstellt. Gerade in den Anfangsstunden waren viele Telefonleitungen blockiert oder lahmgelegt. Auch Mustafa erfuhr erst morgens von den schlimmen Nachrichten aus seiner Heimat. „Man hat die Namen der Städte gelesen und es wurde einem gleich übel.“ Auch Gülay Kurt aus Hausen sorgt sich nach wie vor um ihre Liebsten. Ihre Familie kommt aus Kayseri. „Da haben sie zwar das Erdbeben gespürt, aber zum Glück ist nichts passiert“, berichtet Gülay. Die meisten haben die folgenden Nächte aus Angst vor Nachbeben in ihren Autos oder im Freien verbracht. Erschwerend hinzu kommt der Schneefall, der die Hilfskräfte auf dem Weg in die Dörfer hindert. „Teilweise sind die Straßen nicht mehr befahrbar.“

Mutter wurde geborgen
Nach den Geschehnissen wollte Nazli Öczetin umgehend in die Türkei fliegen. „Es war keine Hilfe da, nach Antakya kommen sie nicht durch.“ Auch die Flughäfen trugen Schäden davon. Zwischenzeitlich macht die Ankunft von Soldaten Hoffnung, allerdings scheitern auch sie an den Trümmern. Nach 55 Stunden dann das Wunder: Nazlis Mutter wird geborgen. Sie hat überlebt mit einem gebrochenen Fuß. „Mama braucht dringend Hilfe, jedoch sind nicht genügend Rettungskräfte vor Ort.“ Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses gibt es nach wie vor kein Überlebenszeichen von Nazli Öczetins Vater (Stand Redaktionsschluss). „Vielleicht hat ihn ja jemand gesehen oder er hat es irgendwie rausgeschafft“, hofft die Waldaschafferin. „Bitte zündet Kerzen an. Betet für uns!“

Hier können Sie für die Opfer spenden:

- Aktion Deutschland Hilft e.V.

- SOS-Kinderdörfer weltweit Hermann-Gmeiner-Fonds Deutschland e.V.

Eine Auswahl von regionalen Sammel- und Spende-Stellen finden Sie auf primavera24.de.

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Nazlis Mutter: Sie trägt die Jacke ihres Ehemannes.
KW06 Beben 4
Soldaten versuchen Menschen unter den Trümmern zu finden.
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Schockierende Aufnahmen aus Aleppo, Syrien.
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