Biosphärenreservat vor dem Aus?
SPESSART (mag). „Ein totes Pferd sollte man nicht weiter reiten“, so hatte Bayerns Vize-Regierungschef und Forstminister Aiwanger gegen die Pläne der Kommunalpolitiker hierzulande beim Thema Biosphärenreservat Spessart geätzt. Die Landräte Legler (Aschaffenburg), Scherf (Miltenberg) und Sitter (Main-Spessart) schossen damals zurück und warfen Aiwanger vor, Streit in der Region zu säen. Recherchen von PrimaSonntag legen nun aber die Vermutung nahe, dass Aiwanger durchaus recht haben könnte. Gespräche mit den Landratsämtern und mit Skeptikern lassen darauf schließen.
Rückblende: Die Idee zum Biosphärenreservat entstand in der Zeit, in der sich abzeichnete, dass ein Nationalpark Spessart keine Zukunft haben wird. Schon damals wurde die Biosphären-Idee als Notlösung kritisiert. Ulrich Prantl aus Dammbach, pensionierter Lehrer und Hobbyfotograf, war anfangs dafür. „Ich fand auch den Nationalpark Spessart eine schöne Sache, deshalb war die Biosphäre auch eine gute Idee“, sagt Prantl im PrimaSonntag-Interview. Inzwischen hält er es allerdings mit Aiwanger. „Weil man da einfach nur rechnen muss. Selbst wenn jetzt theoretisch alle Kommunen, die noch nicht abgestimmt haben, großzügig Wald zur Verfügung stellen, reicht das niemals für die UNESCO-Vorgaben zur Kernzone (Anmerk. d. Red.: in dieser Zone muss der Wald sich selbst überlassen werden, für den Naturpark Spessart wären das 5.000 Hektar). Prantl hat neben seiner Homepage für Spessartbilder auch eine Biosphärenreservat-Seite ins Netz gestellt. Dort positioniert er sich klar: „Ein Biosphärenreservat Spessart wird es nicht geben!“, steht da. Behaupten kann man viel - aber Prantl untermauert dort mit zahlreichen nachprüfbaren Fakten, wieso er zu dieser Einschätzung kommt.
Ersatzflächen für die Kernzone?
Wo also sollen die Wälder herkommen für die Kernzone, wenn die Kommunen selbst zu wenig haben und der Freistaat nicht mehr Flächen gibt? Die beteiligten Landkreise und die Stadt Aschaffenburg betonen immer wieder den gemeinsamen Willen, das Projekt ins Leben zu rufen. Allerdings hält man sich ein Hintertürchen offen: „Wenn eine Planungskulisse vorliegt, entscheiden die zuständigen Gremien über eine mögliche Fortführung des Prozesses,“ so die Antwort aller Beteiligten. Will sagen: Wenn nicht genug Wald zusammenkommt, könnte das Projekt auch wieder eingestampft werden. Dass es nicht genug Wald wird, ist laut Prantl jetzt schon abzusehen. Eventuell könne man ja dann auch bei den hessischen Nachbarn in Gelnhausen nochmal nachfragen, hieß es von den Landratsämtern. Im Naturpark Hessischer Spessart gibt es jede Menge Wald, der dafür geeignet wäre. Aber im Main-Kinzig-Kreis fehlt es inzwischen am Willen, den Nachbarn zu helfen. „Die Machbarkeitsstudie ist seinerzeit rein auf bayerisches Territorium bezogen worden, obwohl es Angebote und Bitten um Kontaktaufnahmen von der hessischen Seite gegeben hat. Das bayerische Vorgehen und die aktuellen Erfolgsaussichten möchte der Main-Kinzig-Kreis daher auch nicht weiter kommentieren“, heißt es aus dem Forum Gelnhausen.
Vorwurf: Subventionsbetrug an der UNESCO?
Warum also arbeiten sich die Kommunalpolitiker in Aschaffenburg, Miltenberg und Lohr an diesem Projekt weiter ab, wenn die Erfolgsaussichten so gering sind? „Es geht ums Geld“, vermutet der Dammbacher Prantl. Seine These: „Der Naturpark Spessart wird von den Kreisen und der Stadt Aschaffenburg finanziert. Bei einem Biosphärenreservat Spessart allerdings würde das Geld aus München vom Freistaat und aus Paris von der UNESCO kommen.“ Sollte es allerdings wider Erwarten doch noch gelingen, die nötigen Flächen zusammenzukratzen, wäre das für Prantl eine Mogelpackung. „Völlig zersplitterte Kernzonen, in denen sowieso Jäger und Schädlingsbekämpfer aktiv werden müssen, um nicht völlige Verwüstung zu riskieren - das widerspricht den eigentlichen Biosphären-Vorgaben der UNESCO vollends“, so Prantl. Er findet dafür ein starkes Wort: „Das wäre Subventionsbetrug.“