"Alten Hunden bringt man keine Tricks mehr bei"
BAYER. UNTERMAIN (mz). Genderneutrale Sprache, Work-Life-Balance, Klimakleber - es sind Themen, die unsere Gesellschaft spalten. Für die einen sind sie fester Bestandteil des eigenen Lebensstils, bei anderen stoßen sie auf tiefe Ablehnung und Unverständnis. Doch verläuft diese Trennlinie tatsächlich zwischen Jung und Alt? Wir wollen von zwei verschiedenen Generationen wissen, was sie zu fünf kontroversen Themen sagen. Sind sich die beiden Generationen wirklich so uneins, wie es manchmal scheint oder haben sie am Ende doch mehr gemeinsam, als wir denken?
Die Jungen gegen die Alten und die Alten gegen Jungen - selten schienen die Fronten zwischen den zwei Generationen so verhärtet zu sein wie heute. Insbesondere Themen wie genderneutrale Sprache und das Verhalten einiger Klimaaktivisten zeigt, wie unterschiedlich Jung und Alt mittlerweile denken. Mit diesem Generationenkonflikt befasst sich auch der Miltenberger Psychologe Dr. Michael Schmitz. „Eine große Rolle spielen dabei die unterschiedlichen Normen und Werte, mit denen die Generationen aufwachsen oder aufgewachsen sind - und die sind recht unterschiedlich. Die ältere Generation hat häufig das Gefühl, angeklagt zu werden. Auf der anderen Seite neigen junge Menschen häufig dazu, ins Extreme zu gehen.“ Doch wie umgehen mit einer Debatte, die von Maximalpositionen dominiert wird? „ Ich würde mir wünschen, dass z.B. die Aktivsten der ‚Letzten Generation‘ versuchen, mit Menschen auf lokaler Ebene ins Gespräch zu kommen. Meine Sorge ist, dass wir uns gegenseitig nur noch anbrüllen.“
„Jung hilft Alt“
in Bessenbach
Für ein harmonisches Miteinander der Generationen engagiert sich die Gemeinde Bessenbach. Hier gibt es Aktionen wie „Jung hilft Alt“ oder auch die „Handy-Sprechstunde“. „Die beiden Generationen sollen voneinander lernen und profitieren. Unsere Senioren können dann in unseren Jugendtreff gehen und sich dort Tipps rund um Tablet und Smartphone geben lassen“, erklärt Christine Weigand, Vorsitzende des Senioren-Ausschusses. Doch die gut gemeinte Idee stößt bislang auf äußerst geringes Interesse. „Das ist tatsächlich noch ein zartes Pflänzchen. Gerade die Generation Ü80 hat natürlich in ihrem Leben viel geleistet und deshalb tun sich diese Menschen auch etwas schwerer, sich einzugestehen, dass sie Hilfe annehmen dürfen.“ Trotz alledem beschreibt Wiegand das Zusammenleben von Jung und Alt als harmonisch. Und auch bei der gemeinsamen Sitzung von Jugend- und Seniorenausschuss in dieser Woche ist die Stimmung sehr entspannt und freundschaftlich. Jung und Alt - das muss also nicht immer Streit bedeuten!
Was denken Sie über...?
Gendern
JUNG:
Andre Uebing aus Elsenfeld: „Bei mir an der Uni ist das alles schon angepasst, sogar auf den Toiletten. Ich finde es schon gerecht.“
Liane Gülder aus Aschaffenburg: „ Ich stehe dem Ganzen relativ neutral gegenüber. Ich finde aber, manches sollte es nicht ganz so übertreiben.
Gina Krappamnn aus Johannesberg: „Finde ich total in Ordnung - dass die Alten das nicht machen, verstehe ich auch irgendwie. Sie sollen es lassen, wenn sie meinen. Alten Hunden bringt man keine Tricks mehr bei.“
Noel Kraus aus Aschaffenburg: „Ich bin fürs Gendern. Das ist eine gute Integration aller Geschlechter in die Sprache. Da festigt sich gut im Kopf, dass beide Geschlechter gemeint sind.“
ALT:
Marianne und Bernd Kaiser aus Kleinostheim: „Unmöglich, das kann ich nicht verstehen. Sowas verunglimpft die deutsche Sprache.“
Elfie Uebing aus Elsenfeld: „Ich weiß nicht mal, was das ist.“
Brunhilde Güldner aus Aschaffenburg: „Gruselig hoch drei! Das müsste verboten werden, denn es passt überhaupt nicht zur deutschen Kultur und Sprache.“
Elisabeth Wissel aus Mömbris: „Davon halte ich nichts, damit habe ich mich auch wenig befasst.“
Ursula Reinhard aus Haibach: „Das finde ich übertrieben - insbesondere wenn daraus eine Art Religion gemacht wird.“
Klimakleber
JUNG:
Liane Gülder aus Aschaffenburg: „ Ich finde diese Art des Protestes schon in Ordnung, aber ganz so drastisch sollte er nicht sein.“
Gina Krappamnn aus Johannesberg: „Das Festkleben überall nimmt schon etwas Überhand. Sie müssten mal konkret sagen, was sie überhaupt bewirken wollen.“
Noel Kraus aus Aschaffenburg: „Wenn man was bewegen will, muss man auch mal zu drastischeren Mitteln greifen.“
ALT:
Marianne und Bernd Kaiser aus Kleinostheim: „Das ist nicht der richtige Weg, so zu protestieren. Die Jugend soll schon protestieren, aber so ist es falsch.“
Brunhilde Güldner aus Aschaffenburg:
„Das Thema Klima generell ist doch eine riesengroße Lüge. Co2 gab es schon immer.“
Elisabeth Wissel aus Mömbris: „Das finde ich überhaupt nicht gut, die gefährden ja nur sich selber damit.“
Ursula Reinhard aus Haibach: „Das ist der falsche Weg - andere zu behindern oder in Gefahr zu bringen, finde ich nicht gut. Jede Generation hat in Sachen Klima Fehler gemacht - auch die junge!
Work-Life-Balance
JUNG:
Gina Krappamnn aus Johannesberg: „Sehr, sehr wichtig! Ich war jahrelang in einem Job, in dem das nicht funktioniert hat. Da sollte jeder sehr dringend drauf achten.“
Noel Kraus aus Aschaffenburg: „Ich denke, die menschliche Gesundheit geht vor. Man sollte sich nicht überarbeiten, nur weil man sich auf irgendwas verfestigt.“
ALT:
Marianne und Bernd Kaiser aus Kleinostheim: „Solche Möglichkeiten gibt es halt heutzutage, das war damals anders. Ich hätte auf jeden Fall mehr von zuhause aus gearbeitet.“
Elisabeth Wissel aus Mömbris: „Ich kannte das bisher gar nicht. Früher hatte es sowas nicht gegeben. Ich hätte gerne schon entspannter gelebt.“
Ursula Reinhard aus Haibach: „Wenn sich das die jungen Leute leisten können - warum nicht! Sowas wie Home Office gab es zu meiner Zeit nicht - man musste pünktlich da sein und arbeiten.
Veganismus
JUNG:
Andre Uebing aus Elsenfeld: „Mir ist das ziemlich egal, jeder soll machen, was er möchte, aber für mich ist das nichts.“
Liane Gülder aus Aschaffenburg: „Ich verstehe, wenn man da ans Tierwohl denkt. Ich kenne viele, die da sehr konsequent sind.
Gina Krappamnn aus Johannesberg: „Ich habe es mal versucht, vegan zu leben - hat aber nicht geklappt. Bei mir gilt der Klischeespruch: Ich versuche so wenig Fleisch wie möglich zu essen.“
Noel Kraus aus Aschaffenburg: „Fleischkonsum ist mit verantwortlich, dass der Klimawandel so verläuft. Ein Großteil der Treibhausgase ist auf Fleischkonsum zurückzuführen - das belegen auch die Studien. Darauf kann man eigentlich verzichten.“
ALT:
Marianne und Bernd Kaiser aus Kleinostheim: „Wenn´s gesund ist. Ich lebe nicht vegan, achte darauf, wenig Fleisch zu essen.“
Elfie Uebing aus Elsenfeld: „Ich lebe persönlich nicht vegan, aber habe nichts gegen Menschen, die vegan leben.“
Brunhilde Güldner aus Aschaffenburg: „Das wird noch eine Weile dauern, bis man wirklich vom Fleisch wegkommt. Aber Tofu als Fleischersatz finde ich nicht wirklich lecker.
Elisabeth Wissel aus Mömbris: „Das finde ich gut und wichtig, wenn man auf seine Gesundheit achtet.“
Ursula Reinhard aus Haibach: „Ich finde das gesundheitlich nicht förderlich - Vitamin B fehlt einfach.“
Einwanderung
JUNG:
Gina Krappamnn aus Johannesberg: „Ich kenne nur Einwandere, mit denen ich mich super verstehe und die auch super integriert sind. Aber für die, die sich daneben benehmen, sollte es schon mehr Regeln geben.“
Noel Kraus aus Aschaffenburg: „Migration tut unserem Land gut. Insbesondere aufgrund des demografischen Wandels, sind junge Migranten sehr hilfreich.“
ALT:
Marianne und Bernd Kaiser aus Kleinostheim: „Die Einwanderung sollte besser geregelt werden. Man muss den Einwanderern und Asylsuchenden die Möglichkeit geben zu arbeiten.“
Elisabeth Wissel aus Mömbris: „Da bin ich grundsätzlich nicht dagegen, es sollte aber nur die kommen, die unsere Kultur und Gesellschaft akzeptieren.“
Ursula Reinhard aus Haibach:„Man kann die Leute ja verstehen, die fliehen, aber irgendwo hat natürlich alles seine Grenzen.“